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EU erwägt Sanktionen

21. Januar 2011

Der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko ist am Freitag für eine vierte Amtszeit als Staatoberhaupt vereidigt worden. Das Europaparlament diskutierte unterdessen Sanktionen gegen den Diktator.

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Symbolbild - Lukaschenko zwischen der EU und Russland (Grafik: DW)
Lukaschenko entscheidet gegen die EUBild: DW/AP

Vertreter der Europäischen Union blieben dem Festakt für den seit 16 Jahren amtierenden Präsidenten Lukaschenko demonstrativ fern. Stattdessen hielten die EU-Parlamentarier am Freitag (21.01.2011) eine Sitzung zur weißrussischen Menschenrechtslage in Straßburg ab.

Die EU unterstützt Weißrussland im Rahmen ihrer Nachbarschaftspolitik – und hat dabei ständige Bauchschmerzen. Manche sagen, die EU stabilisiere damit ungewollt das bestehende Regime. "Wir können unsere Politik gegenüber Weißrussland so nicht fortsetzen. Dies ist keine Zeit für 'business as usual'. Es ist Zeit für neue Entscheidungen und eine neue Politik gegenüber dem Regime von Lukaschenko einschließlich neuer Sanktionen," erklärte etwa der polnische EU-Abgeordnete Jacek Protasiewicz von der Volkspartei.

Keine Wahlen ohne Pluralismus

Polizisten stehen in Weißrussland am Tag nach den Wahlen vor einem Regierungsgebäude (Foto: dpa)
Weißrussland wurde zum PolizeistaatBild: picture alliance/dpa

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton sieht das ähnlich. Sie warnt aber vor einem Abbruch der Zusammenarbeit: "Wir sollten ausgewogen reagieren. Auf der einen Seite müssen wir gezielte Maßnahmen gegenüber den weißrussischen Behörden erwägen, nach meiner Meinung auch Sanktionen." Die EU bräuchte auf der anderen Seite "einen intensiveren Dialog mit der Zivilgesellschaft und den Bürgern." Kurzfristig werde die EU ein Einreiseverbot über Lukaschenko verhängen und dies auch auf andere Personen ausweiten. Das sei "jedenfalls eine Möglichkeit, wenn die Festgenommenen nicht freigelassen werden".

Noch hat die EU allerdings keine Sanktionen verhängt und lässt damit Lukaschenko eine Hintertür offen. Niemand in der EU bestreitet unterdessen, dass die Präsidentschaftswahl gefälscht war. Doch die finnische Grünen-Abgeordnete Heidi Hautala glaubt nicht, dass Neuwahlen allein eine Wende bewirken können: "Wir müssten die Voraussetzungen für demokratische Reformen haben. Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit müssten garantiert sein. Ohne das würden wir nicht viel gewinnen, selbst wenn heute in Weißrussland Neuwahlen stattfänden."

Hat die EU doppelte Standards?

Doch warum tritt die EU gerade in Weißrussland so deutlich auf? Sind die politischen Verhältnisse wirklich so einzigartig? "Ich wünschte mir, dass wir den Mut hätten, genauso standhaft und prinzipientreu mit einem Nachbarland von Weißrussland umgehen. Dort wird die demokratische Opposition unterdrückt, und Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte werden ständig verletzt", verweist die liberale estnische Europaabgeordnete Kristiina Ojuland auf Russland.

Russlands Premierminister Vladimir Putin und der Präsident von Weißrussland, Alexander Lukaschenko (Foto: AP)
Ist Lukaschenko wirklich der "letzte" Diktator Europas?Bild: AP

"Die Aushöhlung der Demokratie in Russland dürfte auch der Grund sein, weshalb der Kreml die Wahl in Weißrussland anerkannt und die gewaltsame Unterdrückung als innere Angelegenheit des Landes bezeichnet hat", erklärte Ojuland.

Doppelmoral wurde am Freitag auch der Kommission vorgeworfen. Sie will kommende Woche den usbekischen Präsidenten Islam Karimow empfangen, der ebenfalls nicht gerade als Demokrat gilt. Würde die Kommission also auch Lukaschenko empfangen, wenn der um einen Besuch nachsuchte? Das wollte ein Journalist von Kommissionssprecher Olivier Bailly wissen. "Ich bin nicht sicher, ob wir eine solche Bitte erhalten haben, daher möchte ich dazu nichts sagen. Aber danke für die Frage", erwiederte dieser. Ob das "danke" wohl von Herzen kam? Wer Bailly öfter zuhört, weiß: Er bedankt sich auch noch für die kritischsten Fragen.

Autor: Christoph Hasselbach
Redaktion: Fabian Schmidt