Heftige Kritik an Trump
1. Februar 2017Mit harscher Kritik haben die Europäische Kommission und das Europäische Parlament erneut auf den vorläufigen US-Einreisestopp für Staatsangehörige aus sieben Staaten und Flüchtlinge reagiert. Von den populistischen Fraktionen gab es aber auch Zustimmung. In einer kurzfristig angesetzten Debatte sagte die EU-Außenbeauftragte, Federica Mogherini, der Aufnahmestopp für syrische Flüchtlinge richte sich nicht gegen Terroristen, sondern hauptsächlich gegen die Opfer von Terrorismus. "Niemand darf seiner Grundrechte beraubt werden, weil er einer bestimmten Religion angehört oder aus einem bestimmten Staat kommt. Das steht in der amerikanischen Verfassung und den europäischen Verfassungen." Die EU, so Mogherini, sei weiter bereit, mit den USA bei vielen internationalen Problemen wie Flüchtlingen, Klimawandel, dem Friedensprozess im Nahen Osten oder dem Atomprogramm des Irans zusammen zu arbeiten. Voraussetzung dafür sei aber "gegenseitiger Respekt".
Dunkle Warnung
Der Vorsitzende der sozialistischen Fraktion, Gianni Pittella, nannte den neuen amerikanischen Präsident einen "Alptraum". Er sei kein "Witz", wie man ursprünglich geglaubt habe. "Wir haben gesehen, was passiert, wenn man solche Leute unterschätzt", sagte Pittella in Anspielung auf die 1930er-Jahre in Europa. "Man bekommt am Ende einen Diktator." Der Fraktionsvorsitzende der Christdemokraten, Manfred Weber, warf Donald Trump vor, mit seiner Ausgrenzung schüre er nur Hass und Fremdenfeindlichkeit. "Die USA waren immer das Land der Menschenrechte und der Freiheit, und jetzt stellt sich da ein Präsident hin und gibt seinen Leuten freie Hand bei der Anwendung von Folter", sagte Weber kopfschüttelnd. "Wenn ein Staat Folter anwendet, dann wird er zu einem kriminellen Staat."
"Diese Politik wird Amerika nicht wieder groß machen", warnte der Chef der rechtskonservativen Fraktion, Syed Kamall. Das Unbehagen, das Trump in den USA an die Macht gebracht habe, gebe es auch in Europa, warnte Kamall. "Wir müssen erkennen, dass Unzufriedenheit mit den Folgen der Globalisierung und mit der Migrationspolitik, auch zu Wahlerfolgen in den Niederlanden und Frankreich führen kann und wird." Man müsse mit kühlem Kopf reagieren, so der britische Abgeordnete, es gebe aber keine simplen Lösungen für die Probleme in Europa.
Einladung an Trump
Der rechtspopulistische Abgeordnete Nigel Farage von der britischen "Unabhängigkeitspartei" verteidigte die Politik des amerikanischen Präsidenten, der ein wahrer Demokrat sei, und der halte, was er verspreche. Die "hysterischen" Reaktionen im Europäischen Parlament wies er zurück. "Lassen Sie uns doch Trump einfach einladen, in diesem Parlament zu sprechen und einen offenen Dialog zu führen", forderte Farage unter dem Gelächter vieler Abgeordneter.
Den Einreisestopp für die sieben Länder habe schon Präsident Obama entworfen, aber nicht konsequent umgesetzt, sagte Farage. Obama habe schon 2011 die Einreise irakischer Staatsbürger für sechs Monate gestoppt. Da habe niemand protestiert. Niemand in Brüssel protestiere dagegen, dass 16 Staaten Juden aus Israel die Einreise verweigerten. Farage, der gute Kontakte zu Donald Trump unterhält, wurde von anderen Abgeordneten als sein "Sprachrohr" geschmäht. Ein Abgeordneter hielt neben ihm ein Schild mit der Aufschrift hoch: "Der lügt auch".
Trump als Geschenk
Angesichts der mehrheitlich heftigen Ablehnung der politischen Wende in den USA sieht der EU-Experte, Giles Merritt, auch eine Chance. Der Mitarbeiter der Denkfabrik "Freunde Europas" glaubt, dass Donald Trump ein "Geschenk" für die zerstrittenen Europäer sei, auch wenn "das Trump-Paket die Aufschrift 'Vorsicht! Gefahrgut! Sorgsam behandeln!' trägt." Giles Merritt ist überzeugt: "Die offene Feindseligkeit Trumps gegenüber der EU und seine Herabwürdigung der europäischen Partner in der NATO wird zu einem Zusammenschluss Europas führen, wie wir ihn in zehn Jahren nicht gesehen haben."
Die Staats- und Regierungschefs der EU wollen am Freitag bei einem informellen Gipfeltreffen auf Malta auch über die Haltung zum neuen US-Präsidenten sprechen. Der Vorsitzende des Europäischen Rates, Donald Tusk, hatte die USA als "Bedrohung für die EU" bezeichnet. Wegen feindseliger Äußerungen gegen die Europäische Union sollte der künftige EU-Botschafter der USA in Brüssel zur "persona non grata" ernannt und gar nicht erst akkreditiert werden, verlangte der Europaabgeordnete Jo Leinen (SPD). Der designierte US-Gesandte Ted Malloch hatte in einem BBC-Interview angekündigt, er wolle dazu beitragen, die EU zu zerstören. Präsident Trump unterstützt den Austritt Großbritanniens aus der EU und freut sich nach eigener Aussage auf weitere Auflösungerscheinungen.
Der EU-Kommissar für Energie-Politik, Maros Sefcovic, versuchte die Reaktion der 28 EU-Kommissare auf die Politik des echten Weißen Hauses mit einer erfolgreichen Fernsehserie über Intrigen und Ränkeschmiede im fiktiven Weißen Haus zu vergleichen. Er sagte nach der wöchentlichen Sitzung der EU-Kommission: "Meine Kollegen sagen, 'House of cards' war ja lahm, verglichen mit dem echten Weißen Haus. Es gibt stetig so viele Nachrichten und neue Positionen aus den USA, dass es nicht einfach ist, da noch mitzuhalten und alles mitzubekommen."