EU-Protest in Moskau gegen Haft für Esten
19. August 2015Ein Gericht in Pskow im Nordwesten Russlands verurteilte den estnischen Polizisten Eston Kohver wegen Spionage, illegalen Waffenbesitzes und illegalen Grenzübertritts zu 15 Jahren Haft. Die Regierung in Estland und die Europäische Union forderten, den Beamten umgehend freizulassen.
Entführung oder illegaler Grenzübertritt?
Kohver wird seit September 2014 in Russland festgehalten. Die Umstände seiner Festnahme sind umstritten. Nach estnischen Angaben wurde er von Agenten des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB in der Balten-Republik mit vorgehaltener Waffe festgenommen und über die Grenze verschleppt. Kohver sei mit Ermittlungen zu grenzüberschreitender Kriminalität betraut gewesen, hieß es in Tallinn.
Der FSB erklärte hingegen, der Polizist sei auf grenznahem russischem Territorium bei einem verdeckten "Spionageeinsatz" festgenommen worden. Kohver habe neben einer Pistole und Munition auch "Spezialausrüstung zum illegalen Abhören" bei sich gehabt.
Berufung möglich
Nach Angaben seines Pflichtverteidigers Jewgeni Aksjonow kann Kohver gegen das Urteil Berufung einlegen und sich vorher mit einem Vertreter des estnischen Botschaft in Moskau beraten.
Der estnische Regierungschef Taavi Rõivas verurteilte die Gerichtsentscheidung scharf. Kohvers "illegale Inhaftierung stellt eine gravierende Verletzung des Völkerrechts durch Russland dar", kommentierte Rõivas im Kurznachrichtendienst Twitter. "Wir fordern von Russland die sofortige Freilassung von Eston Kohver, erklärte Außenministerin Marina Kaljurand in Tallinn. Der Polizist habe keinen fairen Prozess bekommen. Der estnische Konsul habe nicht an den Verhandlungen teilnehmen dürfen und Kohver sei ein angemessener Rechtsbeistand verweigert worden.
Kritik der EU
Ähnlich äußerte sich die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini in Brüssel. Die Verschleppung Kohvers und seine anschließende illegale Inhaftierung in Russland sei eine klare Verletzung des Völkerrechts, kritisierte die italienische Diplomatin. Dem Polizisten sei das Recht auf einen fairen Prozess vorenthalten worden, da es keine öffentlichen Anhörungen gegeben habe.
wl/haz (afp, dpa, rtr)