EU-Soldaten vor Einsatz
15. Februar 2008Ungeachtet der Lage im Tschad nimmt die EU die Stationierung ihrer EUFOR-Truppe wieder auf, um Darfur-Flüchtlingen zu helfen. Die ersten Militärmaschinen mit Ausrüstungsgütern sind diese Woche gestartet, für nächste Woche sind weitere Flüge geplant. Wegen der erneuten Gewalt in Darfur drängt die Menschrechtsorganisation Human Rights Watch auf eine schnelle Stationierung, ebenso der EU-Außenbeauftragte Javier Solana. Doch als unparteiische Helfer gelten die Soldaten dort nicht mehr, weil Frankreich Tschads Präsidenten Idriss Déby gegen Aufständische unterstützt.
Hüterin der Menschenrechte?
Die EU-Verteidigungsminister hatten am 27. September 2007 beschlossen, eine Truppe in den Osten des Tschad und die Zentralafrikanische Republik zu schicken. Laut UN-Resolution 1778 soll sie "die Menschenrechte überwachen und verteidigen". Die Zahl der Flüchtlinge im Tschad, die teils aus dem benachbarten Sudan kommen, teils aus dem Tschad selbst, wird auf 400.000 Flüchtlinge geschätzt. Bis Mai sollen alle Soldaten stationiert sein. Die Stationierung war am 1. Februar ausgesetzt worden, nachdem Rebellen einen Aufstand gegen die Regierung im Tschad begonnen und die Hauptstadt N'Djamena angriffen hatten.
Wie jetzt bekannt wurde, hat Frankreich dem umstrittenen Präsidenten des Tschad, Idriss Déby, bei der Niederschlagung des Aufstandes Anfang Februar geholfen. Die ehemalige Kolonialmacht hat mehr als 1000 Soldaten im Tschad stationiert. Wie das Verteidigungsministerium in Paris nun bestätigte, haben französische Militärflugzeuge Munition unter anderem aus Libyen in den Tschad transportiert. Medienberichten zufolge soll es sich dabei um Panzergranaten gehandelt haben.
Neutralität gefährdet
Das bringt die EU-Truppe in ein Dilemma. Denn Frankreich stellt mit 2100 Soldaten einen Großteil der insgesamt 3700 Mann starken Truppe. Das Bündnis der Rebellen hat schon erklärt, die EU-Truppe als parteiisch anzusehen. "Das Verhalten Frankreichs gefährdet die Neutralität der EUFOR-Truppe", kritisiert Gerald Mader, Präsident des Österreichischen Studienzentrums für Frieden und Konfliktlösung (ÖSFK). "Der EU-Einsatz war gedacht für den Schutz der Flüchtlinge, nicht zur Friedenserzwingung." Frankreich verfolge "eigene kolonialistische und geopolitische Interessen", kritisiert er.
Grundsätzliche Zweifel am Sinn und Zweck des Einsatzes hat Frithjof Schmidt, grüner Europa-Abgeordneter aus Deutschland. Die Neutralität der EU-Truppe sei nicht mehr gewährleistet, wenn Frankreich gleichzeitig Tschads Präsidenten militärisch unterstützt, kritisiert er. Außerdem sei der Einsatz mit bis zu 500 Millionen Euro viel zu teuer. Seinen Recherchen nach werden mit dem Geld unter anderem Landebahnen für Flugzeuge gebaut. "Ich habe den Verdacht, Frankreich nimmt den Schutz der Flüchtlinge nur als Vorwand, um eine zu teuer gewordene Militärintervention zu finanzieren", sagt er.