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EU und Mexiko wollen mehr Freihandel

Jan D. Walter12. Mai 2015

Das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Mexiko besteht seit 15 Jahren. Zölle gibt es kaum noch. Nun sollen gemeinsame Normen her - nach dem Modell von TTIP. Doch Kritiker sehen wie bei TTIP rechtsstaatliche Mängel.

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EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström und Mexikos Wirtschaftsminister Ildefonso Guajardo (Foto: Picture-alliance/dpa/S. Lecocq)
Bild: picture-alliance/dpa/S. Lecocq

EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström und Mexikos Wirtschaftsminister Ildefonso Guajardo haben sich in Brüssel getroffen, um die Aktualisierung des Freihandelsabkommens zwischen den beiden Wirtschaftsräumen in die Wege zu leiten.

Das bestehende Handelsabkommen wurde 2000 unterzeichnet. Seither haben beide Seiten die Zölle auf sämtliche Industrie- und einige Landwirtschaftsprodukte abgeschafft. Nun sollen weitere Gütergruppen folgen. Außerdem, sagte Malmström in Brüssel, sei es an der Zeit, nichttarifäre Handelshemmnisse wie die Vereinheitlichung technischer Standards zu beseitigen.

Eine Revision des EU-Mexiko-Abkommens ist schon lange geplant. Doch Mexiko drückt jetzt auf die Tube, denn, so Guajardo: "Mexiko möchte die Verhandlung abschließen, bevor sich die EU und die USA auf ein Freihandelsabkommen einigen."

Mexikos Alleinstellungsmerkmal in Gefahr

Das geplante Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU, TTIP, würde Mexikos Alleinstellungsmerkmal als zollfreies Drehkreuz des transatlantischen Handels aufheben: Seit 1994 bildet Mexiko mit den USA und Kanada die Freihandelszone NAFTA. Darüberhinaus hat es eine Reihe von Handelsabkommen mit südamerikanischen Ländern, mit Israel und Japan geschlossen. Verhandlungen mit weiteren ostasiatischen Staaten laufen.

Zwei mexikanische Fabrik-Arbeiter bauen einen VW New Beetle zusammen (Foto: picture-alliance/dpa)
VW baut in Mexiko seit Jahren Autos für die USA, Lateinamerika und EuropaBild: picture-alliance/dpa

Wer in Mexiko produziert, kann seine Ware zollfrei in 45 Staaten mit zusammen 1,1 Milliarden Einwohnern liefern. Viele dieser Länder haben untereinander keine vergleichbaren Verträge. Zahlreiche europäische Unternehmen produzieren deshalb bereits in Mexiko, vor allem, um den wichtigen US-Markt zu beliefern.

Zu den bekanntesten Unternehmen, die diese Möglichkeit nutzen, gehören deutsche Autobauer: VW baut seit Jahren in seinen mexikanischen Produktionsstätten Fahrzeuge für die USA, Lateinamerika und die Europäische Union. Audi BMW und Daimler bauen beziehungsweise planen derzeit Werke in Mexiko.

Mexiko dürfte interessant bleiben

Mit dem TTIP wäre dieses Alleinstellungsmerkmal dahin. Doch Peter Buerstedde, Vertreter der Außenwirtschaftsgesellschaft der Bundesrepublik Deutschland in Mexiko, glaubt nicht, dass der Freihandel mit den USA der mexikanischen Wirtschaft schaden würde: "Je interessanter die USA als Absatzmarkt werden, umso interessanter wird auch Mexiko als Produktionsstandort."

Das lateinamerikanische Land gilt schon heute als verlängerte Werkbank der USA. Viele US-Firmen produzieren südlich des Rio Grande, weil die Stückkosten dort niedriger sind als daheim. Durch die geografische Nähe und die vergleichsweise gute Ausbildung der Fachkräfte sticht Mexiko zudem Länder mit noch niedrigeren Löhnen aus. "Auch europäische Unternehmen, die im Zuge von TTIP ihre Präsenz in den USA intensivieren wollen, dürften diese Argumente kennen und sich für Standorte in Mexiko interessieren", sagt Buerstedde.

Chance für deutsche Unternehmen

Dass die lange geplante Revision des EU-Mexiko-Abkommens nun endlich in Gang kommt, sieht Buerstedde daher nicht in direktem Zusammenhang mit den voranschreitenden TTIP-Verhandlungen. Präsident Enrique Peña Nieto habe mit seinen Wirtschaftsreformen die Voraussetzungen für neue Rahmenbedingungen geschaffen.

Beispielhaft für den Reformkurs sind die Abschaffung des staatlichen Monopols im Energiesektor sowie die Liberalisierung des Mobilfunkmarktes. "Manche Bereiche wurden zunächst ausgespart, um ein schnelles Ergebnis zu erzielen", sagt Buerstedde, "Nun aber erlauben die Rahmenbedingungen eine Ausweitung des Abkommens auf andere Branchen." Mit Blick auf deutsche Unternehmen sieht Buerstedde darin vor allem eine Chance für mittelständische Zulieferbetriebe.

An staatlicher Rechtsprechung vorbei?

So hoffnungsvoll blicken jedoch nicht alle Beobachter auf die angekündigten Verhandlungen: Vor allem eine Bemerkung von Cecilia Malmström dürfte die Alarmglocken kritischer Beobachter schrillen lassen: "Wir sollten ein neues EU-Mexiko-Abkommen anstreben, das mit dem geplanten TTIP oder dem Freihandelsabkommen mit Kanada (CETA) vergleichbar ist", sagte die EU-Handelskommissarin nach ihrem Treffen mit Guajardo.

Umstritten sind vor allem Vertragsteile, durch die Unternehmen Entschädigungen von Staaten verlangen können, wenn ihre Investitionen durch Gesetze gefährdet werden. Im Streitfall sollen anstelle der jeweiligen staatlichen Gerichte "unabhängige Schiedsgerichte" zuständig sein.

"Wenn Politiker zulassen, dass internationale Verträge Unternehmen von der staatlichen Rechtsprechung befreien, höhlen sie die demokratische Grundordnung aus", warnt Heinz-Josef Bontrup von der Initiative Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gegen TTIP.

Freihandelsverträge, so der Ökonom von der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen, seien gut, wenn sie den Wettbewerb stärkten. "Immer unter der Voraussetzung, dass die Abkommen in allen Punkten rechtstaatlichen Maßstäben genügen", so Bontrup. Dies sei weder bei TIPP noch CETA in der geplanten Form der Fall. Sollte sich das ändern, solle sich der Handelsvertrag mit Mexiko an diesen Verträgen orientieren würde, meint Bontrup.