EU setzt auf Dialog mit USA
21. Juni 2018Trotz der Verhängung von Strafzöllen durch die USA und den Vergeltungsmaßnahmen der Europäischen Union will die EU-Kommission den Gesprächsfaden mit Washington nicht abreißen lassen. "Wir sind immer offen dafür, mit den USA zu reden", sagte EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström am Donnerstag in Wellington, der Hauptstadt Neuseelands. Zugleich kritisierte sie erneut die verhängten US-Zölle auf Stahl und Aluminium als illegal und nicht den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) entsprechend. Sie sei sehr besorgt wegen der Situation, die in einen "umfassenden Handelskrieg" münden und die Weltwirtschaft schädigen könnte. US-Präsident Donald Trump droht auch mit Strafzöllen auf Autos aus Deutschland.
Die EU habe keine andere Möglichkeit, Gegenmaßnahmen zu ergreifen, um europäische Interessen und Arbeitsplätze zu schützen, sagte Malmström. "Wir denken, dass es lächerlich ist, die EU als Bedrohung der nationalen Sicherheit der USA zu betrachten", sagte Malmström mit Blick auf die US-Begründung für die Zölle. Die Schwedin ist im Auftrag der gesamten EU für Handelsthemen zuständig. Ab Freitag gelten EU-Gegenzölle im Wert von 2,8 Milliarden Euro auf US-Produkte.
Malmström nahm in Neuseeland zugleich Gespräche über ein Freihandelsabkommen mit dem Pazifikstaat auf. Die erste Verhandlungsrunde zwischen der EU und Neuseeland ist für den 16. bis 20. Juli in Brüssel geplant.
Auswirkungen auf US-Nahrungsmittelbranche
Der Handelsstreit zwischen Washington und Peking wirkt sich immer stärker auf die US-Fleischindustrie aus. Auf Importe von Schweinefleisch drohen nach Berechnungen auf einer Website des chinesischen Finanzministeriums schon bald Abgaben von insgesamt über 70 Prozent. Nachdem die Volksrepublik bereits im April einen Zoll von 25 Prozent auf die meisten US-Schweine-Produkte verhängt hatte, legte sie mit neuen Zöllen ab Anfang Juli nach. Dabei ist laut Analysten schon jetzt in China die Nachfrage nach US-Schweinefleisch eingebrochen. Laut Analysten dürfte nun mehr aus Europa und Brasilien eingeführt werden. Bei vielen US-Produzenten herrschte noch Unklarheit über die neuen Abgaben und die Folgen für ihre Geschäftsplanung.
Noch mehr Verunsicherung gab es in der Fruchtindustrie, deren Waren ebenfalls zum zweiten Mal in der chinesischen Liste neuer Zölle auftauchen. In einer ersten Runde hatte die Pekinger Führung eine Abgabe von 15 Prozent auf eine Reihe von Früchten und Nüssen aus den USA angeordnet. Mit dem jüngsten Nachschlag könnten sich die Zölle auf 50 Prozent belaufen. Vertreter der Apfel-, Birnen- und Kirschproduktion einiger US-Bundesstaaten hegen aber noch die Hoffnung, dass es sich um einen Fehler handelt und zumindest nur die Zölle der ersten oder der zweiten Runde fällig werden. In jedem Fall sei die Lage kritisch, sagte Mark Powers vom Produktionsverbund Northwest Horticultural Council. "Diese Zölle entsprechen einer saftigen Geldsumme und machen es uns schwer, im Wettbewerb zu bestehen."
Türkei und Indien verhängen Strafzölle gegen US-Produkte
Unterdessen wehren sich immer mehr Länder gegen die von der US-Regierung verhängten Zölle. In der Türkei werden ab Donnerstag neue Abgaben auf US-Produkte der Öl-, Chemie- und Maschinenbauindustrie fällig. Auch Waren wie Autos, Whisky, Kosmetik, Kohle und Tabak sollen mit Zöllen belegt werden. Wirtschaftsminister Nihat Zeybekci erklärte, die Abgaben seien eine Reaktion auf die "nicht tragbaren" Zölle, die die USA auf Stahl erhoben haben. Das Volumen der neuen türkischen Abgaben von knapp 267 Millionen Dollar entspreche der Belastung, die durch die neuen US-Abgaben auf türkische Produzenten zukommt.
Zugleich erhöhte Indien die Zölle auf Stahl und Eisen sowie auf Agrarprodukte aus den USA. Auch hier soll damit laut dem Stahlministerium der Unmut gegenüber US-Abgaben gezeigt werden.
Die USA haben Importzölle von 25 Prozent auf Stahl und von zehn Prozent auf Aluminium verhängt. Die Regierung von Präsident Donald Trump liegt in Handelsfragen vor allem mit der EU und mit China über Kreuz. Ab Freitag gelten in der EU Vergeltungszölle auf US-Waren wie Jeans, Erdnussbutter und Motorräder im Wert von 2,8 Milliarden Dollar. Trump prüft jetzt seinerseits die Verhängung von zusätzlichen Zöllen auf Autos aus europäischer Produktion. Die Spirale aus neuen Abgaben und Vergeltungszöllen schürt die Furcht vor einem Handelskrieg.
tko/hb (rtr,dpa)