Griechenland soll liefern
27. Januar 2014Der griechische Finanzminister Giannnis Stournaras wollte eigentlich schon weiter sein. Als Griechenland zu Beginn des Jahres den Vorsitz in der Europäischen Union übernahm, sagte Stournaras noch, beim Treffen der Finanzminister der 18 Euro-Staaten am Montag (27.01.2014) sollten Beschlüsse zu Griechenland gefasst werden. "Sonst kann man den Vorsitz ja nicht vernünftig führen", so Stournaras. Doch aus Beschlüssen wird nichts. Die Euro-Gruppe wird die nächsten Hilfskredite an Griechenland vorerst nicht freigeben, kündigte der Chef der Euro-Länder, der niederländische Finanzminister Jereon Dijsselbloem an. Die Finanzminister warten immer noch auf den entscheidenden Prüfbericht der Troika, also den Vertretern von EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank. "Es ist jetzt wichtig, die Prüfung abzuschließen und das zu liefern, was ursprünglich abgesprochen war. Das ist aber heute nicht der Fall. Wir werden später darauf zurückkommen", so Dijsselbloem.
Die Troika untersucht im Auftrag der Finanzminister die Zahlen der griechischen Regierung zum Haushalt und gibt Empfehlungen ab, welche Reformen als nächste fällig sind. Im Moment streiten Regierung und Troika in Athen aber meist bei den wöchentlichen Besprechungen auf Beamtenebene. Die Chefs der Troika waren im Dezember unter Protest abgereist und sollen in den nächsten Tagen wieder nach Griechenland fahren. Aktuell geht es um eine Haushaltslücke von zwei Milliarden Euro, die die Troika für das Jahr 2014 sieht. Die Regierung aus Konservativen und Sozialisten spricht nur von 500 Millionen Euro Unterdeckung im Haushalt. "Die Überprüfung dauert zu lange. Das geht schon seit September oder Oktober so. Es ist unser gemeinsames Interesse, der Griechen und der Eurogruppe, dass wir das so schnell wie möglich erledigen", beschwerte sich Dijsselbloem bei der Finanzministertagung in Brüssel.
"Fortschritte, aber noch eine Menge zu tun"
Die Haushaltslage in Griechenland wird noch weiter dadurch kompliziert, dass das höchste Verwaltungsgericht Gehaltskürzungen bei Polizisten und Soldaten rückwirkend aufgehoben hat. Das könnte das Staatssäckel noch einmal mit mindestens 500 Millionen Euro belasten. Alle Finanzminister in Brüssel forderten den griechischen Kollegen auf, die Reformen fortzusetzen und mit der Troika zusammen zu arbeiten. Die Kritik an der Troika, die eigentlich nur die Bücher prüft und politische Beschlüsse der Finanzminister vorbereitet, versteht Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nicht. "Na, Gott! Das ist ja das normale Verfahren. Griechenland hat eine Menge Fortschritte gemacht, aber Griechenland hat noch eine Menge zu tun. Das wissen wir auch." Deshalb müsse die Troika regelmäßig nach Griechenland fahren, damit der erfolgreiche Weg fortgesetzt werden könne, so Schäuble. "Ich bin zuversichtlich, dass Griechenland das tut. Die Zahlen sind gut in Griechenland." Der österreichische Finanzminister Michael Spindelegger zeigte sich angesichts schleppender Reformen besorgter und will erst einmal die genauen Zahlen auf dem Tisch haben.
Athen hat noch etwas Spielraum
Die griechische Regierung verweist gerne auf den sogenannten Primärüberschuss im Staatshaushalt von rund 700 Millionen Euro im vergangenen Jahr. Dieser Überschuss entsteht rechnerisch, wenn man den Schuldendienst für die enormen Staatsschulden Griechenlands herausrechnet. Der Primärüberschuss ist eine Bedingung dafür, dass sich das Krisenland in diesem Frühjahr wieder selbst Geld an den Finanzmärkten leihen kann. Der griechische Finanzminister will einen Test starten und eine drei bis fünf Jahre laufende Anleihe auflegen. Der Troika-Bericht soll nun beim nächsten Finanzministertreffen im Februar vorliegen. Besonders eilig hat es Athen nicht, denn die nächste große Schuldenrate in Höhe von neun Milliarden Euro muss erst im Mai bedient werden. Allerdings sind seit Ende des Jahres bereits 4,9 Milliarden Euro von den Hilfsfonds nicht ausgezahlt worden, weil sich Troika und Regierung nicht einigen können. Weitere Reformen und Vorgaben lehnt der derzeitige EU-Ratsvorsitzende Griechenland offenbar ab, heißt es aus Kreisen der EU-Kommission. Das allgemeine Hilfsprogramm für Griechenland läuft Ende des Jahres aus. Sollte es dann noch eine Lücke geben, sei man bereit, bei Erfüllung der Bedingungen weiter zu helfen, sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble unlängst in einem Interview mit der "Rheinischen Post". Bislang hat Griechenland etwa 250 Milliarden Euro an Krediten erhalten. Ein weiterer Bedarf von zehn Milliarden Euro wird seit Monaten genannt.
Der griechische Minister für Reformen, Kyriakos Mitsotakos, gab sich in einem Gespräch mit dem Fernsehsender "Euronews" zuversichtlich: "Wenn wir auf der einen Seite einen Primärüberschuss erreichen und auf der anderen Seite aggressiv mit den Reformen weitermachen, dann bin ich sicher, dass unsere Kreditgeber irgendwann unsere Situation neu bewerten werden." Mitsotakos rechnet damit, dass Griechenland bald wieder private Kreditgeber findet. Zuvor müsse aber noch erheblich Personal im Öffentlichen Dienst abgebaut werden, räumte der Reform-Minister ein. Insgesamt soll die Zahl der Beschäftigten in der Verwaltung in sechs Jahren um 150.000 Personen sinken. Und das bei einer ohnehin schon eklatant hohen Arbeitslosenquote von 27 Prozent.
Lob für Portugal und Spanien
Der Chef der Euro-Gruppe, Jeroen Dijsselbloem, machte dem anderen Land, das noch Hilfe aus dem Rettungsschirm erhält, nämlich Portugal, Mut. "Die Portugiesen haben wirklich gute Fortschritte gemacht. Das sieht gut aus. Wir werden im März und April im Lichte der aktuellen Entwicklungen und des Zugangs zum Finanzmarkt entscheiden." Im April läuft das 78 Milliarden Euro umfassende Hilfsprogramm für Portugal aus. Auch dort sind die Arbeitslosigkeit und die sozialen Folgen der Finanzkrise groß, dennoch gab es nicht so große Probleme mit der Troika wie in Griechenland. Das Europäische Parlament hatte das Vorgehen der Troika in den Krisenländern Mitte Januar harsch kritisiert. Die Entscheidungen seien undurchsichtig, undemokratisch und würden die sozialen Folgen drastischer Sparmaßnahmen völlig außer Acht lassen. Auch Spanien, das Hilfe für seine maroden Banken in Anspruch genommen hatte und zum Jahreswechsel wieder an die Finanzmärkte zurückgekehrt war, lobte Euro-Gruppen-Chef Dijsselbloem: "Meine Botschaft lautet: Macht weiter so! Setzt die Reformen fort, um die spanische Wirtschaft zu fördern. Spanien entwickelt sich bemerkenswert gut." Er sei gerade beim Weltwirtschaftsforum in Davos und in Asien gewesen, berichtete Dijsselbloem. "Überall redet man vom Wiedererstarken der spanischen Wirtschaft. Wir müssen den Druck aufrecht erhalten, um weiter zu reformieren und die Arbeitslosigkeit zu senken."