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"Oxi" zu Griechenland?

Bernd Riegert 12. Juli 2015

Die Euro-Staaten sind tief gespalten: Einige wollen Griechenland noch eine Chance geben. Andere plädieren für "Oxi" - Nein - zu neuen Hilfsmilliarden. Auch Deutschland erwägt den Grexit. Bernd Riegert aus Brüssel.

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Symbolbild: Griechische Flaggen und Fahnen der "Oxi"-Fraktion - Foto: Reuters/Y. Behrakis
Bild: Reuters/Y. Behrakis

Kann es einen Austritt Griechenlands aus der Euro-Währungsgemeinschaft für fünf Jahre geben? Mit dieser Frage sorgte das deutsche Finanzministerium für heftige Diskussionen in Brüssel. Griechenland sollte fünf Jahre ohne Euro bleiben und seine Schuldenlast restrukturieren. Möglich wäre auch die Verpfändung von griechischem Staatsvermögen, heißt es in einem Positionspapier der Bundesregierung.

Ob der Vorschlag den Euro-Finanzministern wirklich zur Beratung vorgelegt wurde, ist nicht bestätigt. Der "Grexit auf Bewährung" wurde angeblich bei einem Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit ihrem Finanzminister Wolfgang Schäuble und dem SPD-Vizekanzler Sigmar Gabriel vor einigen Tagen geboren. Das deutsche Papier zeigt aber, dass Deutschland nun bereit ist, einen Ausstieg des bankrotten Griechenlands hinzunehmen und mögliche Folgen zu organisieren. Damit schlägt sich Wolfgang Schäuble eindeutig auf die Seite der Hardliner in der Eurogruppe, die nach den als nicht hinreichend qualifizierten Reformvorschlägen aus Athen jetzt einen harten Schnitt wollen.

Sapin und Schäuble beim EU-Finanzministertreffen in Brüssel - Foto: picture-alliance/dpa/O. Hoslet
Zerstrittene Freunde? Frankreichs Finanzminister Sapin (li.) und sein deutscher Kollege Schäuble (re.) in BrüsselBild: picture-alliance/dpa/O. Hoslet

Eurogruppe gespalten

Rund zehn Staaten bilden das Lager der Hardliner. Neben Deutschland gehören auch Finnland, die Niederlande und die Slowakei dazu.

Der slowakische Finanzminister Peter Kazimir hält ein Ausscheiden Griechenlands ganz offen für die bessere Lösung. "Eine Vereinbarung, Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket mit Griechenland auszuhandeln, wird es heute nicht geben", sagte Kazimir vor dem entscheidenden Gipfeltreffen der 19 Staats- und Regierungschefs aus den Euro-Staaten.

Der finnische Finanzminister Alexander Stubb beurteilt die Chancen auf ein Verhandlungsmandat für ein drittes, mehr als 80 Milliarden Euro umfassendes Paket für die nächsten drei Jahre als eher gering. Stubb sind die Hände gebunden, weil das Parlament in Helsinki die Reformpläne aus Griechenland für nicht ausreichend hält. Der rechtspopulistische Koalitionspartner "Wahre Finnen" lehnt weitere Milliarden für Griechenland strikt ab. Diese Position wird inzwischen von vielen finnischen Parteien geteilt. Das wurde bereits im Wahlkampf zu den Parlamentswahlen im April deutlich.

Italien verärgert über Deutschland

Dem Nein-Lager stehen die Griechenland-Versteher und Vermittler gegenüber, die allerdings der linksradikalen Regierung von Alexis Tsipras nach den ständigen Kehrtwenden in Athen auch nicht mehr über den Weg trauen. Der italienische Finanzminister Pier Carlo Padoan sagte Reportern in Brüssel, es gebe einen Mangel an Vertrauen, dennoch sollte man Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket beginnen. Angeblich will der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi beim Sondergipfel der Euroländer-Regierungsspitzen den vermeintlichen deutschen Starrsinn hefig kritisieren. "Genug ist genug", sagte Renzi in einem Zeitungsinterview. Man dürfe Griechenland nicht weiter erniedrigen.

Auch Frankreich hatte in den letzten Wochen versucht zu vermitteln. Die Regierung in Paris spricht sich für die Aufnahme von Verhandlungen über ein drittes Paket aus.

Zunehmende Skepsis in Brüssel

Die EU-Kommission in Brüssel hatte ebenfalls immer wieder versucht, einen Kompromiss zu finden. Dazu hatte sie mit Athen diverse Listen über Reformen, Steuererhöhungen und Umbau des Staates erstellt. Inzwischen rückt aber auch sie von Griechenland ab. Der stellvertretende Präsident der EU-Kommission, Valdis Dombrovskis, meinte beim Betreten des Gipfel-Gebäudes: "Es sieht nicht so aus, als ob die EU-Kommission am Ende des Tages ein Mandat für weitere Verhandlungen mit Griechenland erhalten wird."

Der Außenminister Luxemburgs, Jean Asselborn, schaltete sich per Interview in der Süddeutschen Zeitung in die Debatte ein. Er warnte: "Wenn Deutschland den Grexit anstrebt, dann wird das zu einem schweren Konflikt mit Frankreich führen." Deutschlands Reputation und das Ansehen der EU in der Welt stünden auf dem Spiel, wenn man Griechenland fallen lasse.

Kein Vertrauen mehr in Athen

Fast alle Minister fordern von der griechischen Regierung, den Beweis zu erbringen, dass sie Reformen tatsächlich umsetzen will und kann. Ob dazu noch Zeit bleibt, ist allerdings sehr fraglich. Ohne Aussicht auf ein konkretes Hilfsprogramm könnten die Banken in Griechenland auch in der kommenden Woche nicht öffnen. Die Wirtschaft steht kurz vor dem Zusammenbruch, warnen Ökonomen.

Die drei Institutionen, EU-Kommission, die Europäische Zentralbank und der Internationale Währungsfonds, hatten geschätzt, dass Griechenland mehr als 80 Milliarden Euro bis zum Ende des Jahres 2018 brauchen würde. Viele Finanzminister waren vom Umfang der Hilfen überrascht. Die vorgelegten Pläne aus Athen, die weitestgehend dem entsprechen, was von der Bevölkerung vor einer Woche abgelehnt wurde, seien keine ausreichende Grundlage für die kommenden drei Jahre.

"Wir brauchen einen magischen Moment"

Jetzt sollen die Staats- und Regierungschefs der Euro-Zone eine Lösung finden. Denn die Finanzminister bringen nur ein Papier zustande, das die unterschiedlichen Meinungen zu weiteren Hilfen für Griechenland aufzeigt.

Rimantas Sadzius - Foto: picture-alliance/dpa/O. Hoslet
Litauens Finanzminister Sadzius hofft auf ZaubereiBild: picture-alliance/dpa/O. Hoslet

Der Ratspräsident der EU, Donald Tusk, hat einen Gipfel mit offenem Ende angesetzt. "Es wird so lange diskutiert, bis wir eine Lösung haben", twitterte Tusk. Deshalb wurde ein Gipfeltreffen aller 28 EU-Staaten, der dem Euro-Gipfel folgen sollte, erst einmal abgesagt.

Der litauische Finanzminister Rimantas Sadzius, der weiteren Hilfen für Griechenland und damit einem Verbleib in der Euro-Zone kritisch gegenüber steht, sagte in Brüssel: "Politiker können manchmal zaubern. Jetzt brauchen wir einen magischen Moment."