Euro-Rettungsschirm auf den Weg gebracht
11. Mai 2010Das Kabinett billigte am Dienstag (11.05. 2010) auf einer Sondersitzung in Berlin den Gesetzentwurf für die deutschen Kreditgarantien zur Stabilisierung der Euro-Zone. Der deutsche Garantierahmen für Notkredite an klamme Euro-Länder beträgt nach ersten Berechnungen 123 Milliarden Euro. Er kann jedoch auf rund 148 Milliarden Euro steigen, wenn diejenigen Länder nicht mitziehen, die selbst Hilfen gegen eine Pleite benötigen. Die Garantiezusagen sollen auf drei Jahre befristet sein.
Auch gutes Geschäft für Deutschland möglich
Kosten entstehen für Deutschland zunächst nicht. Die Steuerzahler haften aber für das Risiko, dass Notkredite nicht zurückgezahlt werden können. Im positiven Falle aber macht der Bund sogar noch ein gutes Geschäft. Die Bundesregierung sieht die Ausfallwahrscheinlichkeit als gering an.
Das am Wochenende geschnürte Euro-Rettungspaket umfasst insgesamt Hilfen von bis zu 750 Milliarden Euro. Als erste Notfall-Hilfe können 60 Milliarden Euro der EU-Kommission sofort fließen. Dieses neue Gemeinschaftsinstrument wird garantiert durch den EU-Haushalt. Reicht das Geld nicht, leisten die Euro-Staaten Kreditgarantien von bis zu 440 Milliarden Euro.
Dritter Teil des Rettungsschirms sind Hilfen des Internationalen Währungsfonds (IWF). Zuletzt hieß es, dass sich der IWF mit "mindestens der Hälfte der von europäischer Seite aufgebrachten Mittel" an möglichen Hilfen beteiligt. Das wären 220 Milliarden Euro, wenn nur der Garantierahmen der 16 Euro-Länder einbezogen wird, oder gar 250 Milliarden Euro, wenn auch die Gelder der EU-Kommission dazukommen.
Haltung von SPD und Linken noch offen
Bundestag und Bundesrat stimmen voraussichtlich im Juni ab. Ein Eilverfahren wie bei den Griechenland-Hilfen ist nicht nötig. Das Gesetz soll aber zügig verabschiedet werden. Die Regierungsfraktionen von CDU/CSU und FDP deuteten ihre Unterstützung für das hektisch geschnürte Rettungspaket an, forderten zugleich allerdings, auch schärfer gegen Finanzzocker als Verursacher der Krise vorzugehen.
Die SPD lässt weiter offen, ob sie dem Euro-Rettungspaket zustimmen wird. "Zunächst muss die Regierung genau beziffern, welche neuen Belastungen tatsächlich auf Deutschland zukommen", verlangte Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Es dürften nicht sämtliche Kosten wieder auf die Steuerzahler abgewälzt werden.
Erfreulich nannte es Steinmeier aber, dass die von der SPD schon länger geforderte Transaktionssteuer auf Geldgeschäfte nun auch bei den EU-Beratungen in Brüssel als Prüfauftrag aufgenommen worden sei. Für die Sozialdemokraten sei es unverzichtbar, dass diejenigen, die mit Spekulationen viel Geld verdient hätten, ihren Beitrag leisteten. Dass nun auch CSU-Chef Horst Seehofer sich für die Steuer ausgesprochen habe, lasse auf Bewegung in dieser Frage hoffen.
Grünen signalisieren Zustimmung
Auch die Linkspartei hat ihre Entscheidung zum Euro-Rettungspaket noch nicht getroffen, wie die stellvertretende Parteivorsitzende Gesine Lötzsch mitteilte. Die Partei werde allerdings keinem Paket zustimmen, bei dem "den Banken wieder das Geld in den Rachen geworfen" werde. Auch würden alle Maßnahmen gegen die Euro-Krise wirkungslos verpuffen, wenn die Finanzmärkte nicht reguliert würden.
Die Grünen im Bundestag signalisierten dagegen schon Zustimmung zum geplanten Euro-Rettungsschirm. In der Fraktion herrsche "viel Verständnis" für das massive Hilfspaket, sagte Fraktionschef Jürgen Trittin nach einer Sondersitzung in Berlin. Es gebe aber noch offene Fragen, etwa zur Obergrenze der deutschen Beteiligung sowie zu den genauen Konditionen.
Neues Spekulationsopfer Großbritannien?
Unterdessen wurde bekannt, dass Griechenland am Mittwoch die erste Euro-Finanzspritze erhalten soll - und zwar 5,5 Milliarden Euro vom IWF zu Zinssätzen zwischen 1,3 und 3,3 Prozent. Athen erwartet in den kommenden Tagen zudem die ersten Kredite anderer Euroländer in Höhe von bis zu 15 Milliarden Euro. Bis zum Jahresende sollen insgesamt 45 Milliarden Euro nach Griechenland fließen.
Nach der Einigung auf den Rettungsschirm für die Euro-Staaten hält es die französische Finanzaufsicht für wahrscheinlich, dass sich Spekulanten nun auf Großbritannien einschießen. "Angesichts ihrer politischen Probleme werden die Engländer sehr sicher ein Ziel", sagte der Chef der Finanzmarktbehörde AMF, Jean-Pierre Jouyet. Er verwies dabei auf die schwierige Regierungsbildung nach der Unterhauswahl in Großbritannien und die Weigerung Londons, sich an dem Notfallfonds für hoch verschuldete europäische Staaten zu beteiligen.
"Wenn man keine Solidarität mit der Euro-Zone will, wird man sehen, was mit Blick auf Großbritannien passiert", so Jouyet weiter. Von nun an gebe es "ein Europa der drei Geschwindigkeiten": die Länder mit dem Euro, Staaten wie Polen oder Schweden, die nicht der Währungsunion angehörten, aber den Euro verstünden, "und die Engländer".
Autor: Stephan Stickelmann (dpa, rtr, afp, apn)
Redaktion: Dirk Eckert