Eurogruppe sieht Griechen auf Erfolgskurs
27. April 2018"Wir wollen mit Griechenland eine Erfolgsgeschichte schaffen", sagte der neue Chef der Eurogruppe Mario Centeno (Artikelbild). Der portugiesische Finanzminister weiß wovon er spricht, schließlich ist sein Land einen ähnlichen Weg gegangen und gilt heute als Musterfall. Das seit über acht Jahren währende Drama um die griechische Krise soll zu einem geordneten und möglichst guten Ende gebracht werden, darin scheinen die Minister einig.
Und gegenwärtig stehen die Zeichen gut: Mit etwa 4 Prozent Haushaltsüberschuss und 2 Prozent erwartetem Wachstum in diesem Jahr scheint die Wirtschaft in Griechenland wieder Tritt gefasst zu haben. Die Regierung von Alexis Tsipras träumt schon jetzt davon, ab 20. August wieder ein "freies" Land zu sein, ohne die Fesseln des Hilfsprogramm und der Aufseher aus den Gläubiger-Institutionen.
Aber wenn auch "90 Prozent des Weges" abgeschlossen seien, geht es jetzt um die Bedingungen für die Zeit danach. Zunächst muss die vierte und letzte Überprüfung der Fortschritte abgeschlossen werden, was Mitte Mai geschehen soll. Und es scheint den Willen zu geben, dabei über allerhand unfertige Programmpunkte und schleppend umgesetzte Auflagen hinweg zu sehen. Nicht nur Athen, auch die Eurogruppe will einen Schlussstrich unter das Hilfsprogramm ziehen.
Vertrauen ist gut, Kontrolle….
Anders aber als bei Portugal ist das Vertrauen der Finanzminister in das künftige Wohlverhalten der griechischen Regierung begrenzt. "Wir müssen alles vermeiden, was wie ein neues Programm aussieht", erklärt EU-Währungskommissar Pierre Moscovici. Deshalb nennt er die notwendigen weiteren Überwachungsmechanismen auch "gründlich aber subtil". Die Eurogruppe will sicherstellen, dass Athen auf dem engen finanzpolitischen Pfad bleibt, der dem mit 180 Prozent seines BIP verschuldeten Land noch über Jahre vorgeschrieben ist. "Verstärkte Überwachung" heißt dieses noch nie genutzte Instrument aus dem Hilfsprogramm.
Der griechische Finanzminister Euclid Tsakalotos trug bei dem Treffen in Sofia die Wirtschaftspläne seiner Regierung vor und fand dafür Zustimmung. Aber grundlegende Umbauarbeiten am Sozial- und Steuersystem in Griechenland stehen noch aus und Wahlen im nächsten Jahr werden die Regierung in Versuchung führen, Geschenke zu machen, die sie sich voraussichtlich nicht leisten kann. Griechenland muss seine Produktivität steigern und braucht Investitionen, hieß die Analyse in Sofia.
Warten auf Berlin bei der Schuldenerleichterung
Der Internationale Währungsfonds hatte eine deutliche Schuldenerleichterung verlangt, um Griechenlands Wirtschaft mittelfristig lebensfähig zu machen. Dabei geht es nicht darum, die Schulden aus den Büchern zu streichen, sondern die Rückzahlung noch weiter in die Zukunft zu strecken als bereits jetzt. "Wir sind sehr geduldig, aber die Kredite müssen eines Tages zurück gezahlt werden", sagte Klaus Regling dazu, Chef des Euro-Rettungsschirms ESM. Er ist auch zuversichtlich, dass man sich mit dem Internationalen Währungsfonds auf eine Formel einigen kann, die die Nachhaltigkeit der griechischen Schuldenlast sicherstellt.
Auf dem Tisch liegt ein französischer Vorschlag, wonach die Rückzahlung der Kredite aus der Eurozone an das griechische Wachstum gekoppelt werden könnte. Läuft es besser, muss mehr gezahlt werden, schwächt es sich ab, sinken auch die Raten. Am Ende wird es auf einen ähnlichen Mechanismus hinaus laufen und darauf, den Zinserlass zu verlängern und so die Rückzahlung noch weit über 2050 hinaus zu strecken.
Allerdings warten die Eurozonen-Minister dabei noch auf Berlin. Der neue Bundesfinanzminister Olaf Scholz wurde zwar freundlich begrüßt, aber er brachte keinen Fahrplan aus Berlin mit. Ihm fehlt wohl die notwendige Handlungsfreiheit, um einen eigenen Vorschlag für die Endphase der Griechenland-Krise vorzulegen, solange in Berlin über die Bedingungen gestritten wird. Nachdem die EU seit Herbst 2017 auf die neue Bundesregierung gewartet hat, muss sie jetzt weiter auf einen aktiven deutschen Finanzminister warten.
Frankreich geht in Führung beim Handelsstreit
Nicht nur beim Thema Griechenland, auch beim Handelsstreit mit den USA ergriff der französische Finanzminister das Wort. Wie schon sein Präsident in Washington, verlangte auch Bruno Le Maire in Sofia erneut, die USA sollten die EU dauerhaft von den angedrohten Stahl- und Aluminium-Strafzöllen ausnehmen. Und er bestätigte die europäische Linie, dass man nicht mit der Pistole am Kopf verhandeln und jetzt unter Druck Zugeständnisse machen wolle.
Andererseits aber räumte Le Maire ein, das internationale Handelssystem im Rahmen der Welthandelsorganisation WTO habe Mängel und machte US-Präsident Trump ein Angebot: "Wir sind offen für eine Diskussion über die Zukunft der WTO, ihre Verbesserung und das ganze multilaterale Handelssystem. Aber erst müssen wir die Frage der neuen Zölle vom Tisch bekommen". Damit bekräftigt Le Maire zwar einerseits die gemeinsame Linie der EU-Mitgliedsländer - keine Gespräche unter Druck - rückt Frankreich aber gleichzeitig in die erste Reihe bei möglichen späteren Verhandlungen. Der Effekt des "Macronismus" macht sich überall, auch im Kreise der Finanzminister bemerkbar.