Europa: Frohe Österreicher, missmutige Deutsche
16. Januar 2024Liegt es an der klaren Bergluft oder dem köstlichen Apfelstrudel? Vermutlich war keines dieser Klischees dafür ausschlaggebend, dass die Österreicherinnen und Österreicher zufriedener sind als die Bevölkerung in anderen EU-Ländern. Diese Erkenntnis hält jedenfalls eine Erhebung des EU-Statistikamts Eurostat bereit.
Eurostat trägt Daten aus allen Lebensbereichen zusammen, die für die europäische Politik relevant sind. Außerdem führt die Behörde auch immer wieder Umfragen in allen EU-Ländern und teilweise auch anderen europäischen Ländern durch.
Die nun veröffentlichte Auswertung beruht auf einer Umfrage von 2022, in der Menschen in ganz Europa gebeten wurden, die Zufriedenheit mit ihrer Lebenssituation auf einer Skala von 0 bis 10 einzuordnen. Die durchschnittliche Antwort in Österreich waren 7,9 Punkte.
Zufriedenheit hat nicht nur mit Geld zu tun
Auch wenn es angesichts der vielen Krisen der heutigen Zeit und einer immer gereizteren europäischen Gesellschaft kaum zu glauben ist: Aus der Befragung geht insgesamt eine hohe Zufriedenheit hervor.
Im EU-Schnitt liegt die Zufriedenheit bei 7,1. Als Unterpunkte wurden weitere sozioökonomische Zusammenhänge betrachtet.
Separat abgefragt wurden zum Beispiel Angaben zu materiellen Lebensbedingungen wie Einkommen oder Wohnverhältnisse, zu Gesundheit, Bildung und Sicherheit. Aber auch die Qualität der Freizeit, Aktivitäten mit anderen Menschen und sozialer Zusammenhalt spielten für die Eurostat-Untersuchung eine Rolle.
Solche Einzelwerte sind vom jüngsten Erhebungszeitraum noch nicht veröffentlicht. In Daten von 2018 fällt jedoch vor allem auf, dass die Österreicherinnen und Österreicher besonders zufrieden waren mit ihren persönlichen Beziehungen: Sie gaben ihnen im Schnitt 8,6 von zehn möglichen Punkten; dieselbe Wertung vergaben die benachbarten Slowenen sowie die Bewohner der Inselrepubliken Irland und Malta.
Österreich vor Polen, Rumänien und Finnland
In der nun veröffentlichten Erhebung fällt neben Österreich auch die Schweiz besonders auf. Sie ist zwar kein EU-Mitglied, taucht aber gemeinsam mit den Ländern des Europäischen Wirtschaftsraums, Ländern mit Beitrittsperspektive sowie dem Ex-EU-Mitglied Großbritannien häufiger in Eurostat-Untersuchungen auf.
In der Schweiz wurde sogar ein Zufriedenheitswert von 8,0 ermittelt, also noch leicht höher als beim EU-Nachbarn Österreich. Die übrigen Spitzenplätze teilen sich Polen, Rumänien und Finnland mit jeweils 7,7. Finnland dominiert seit Jahren den World Happiness Reportder Vereinten Nationen, der nach einer leicht anderen Methodik entsteht.
In der Eurostat-Erhebung wurden die Angaben der Befragten auch mit biografischen Informationen zusammengebracht. So fällt ins Auge, dass Menschen mit einem höheren Bildungsabschluss in sämtlichen EU-Ländern zufriedener sind als jene mit niedrigerem.
Diese Differenz ist in der Slowakei (1,6 Punkte zwischen Menschen ohne Schul- und mit Universitätsabschluss), Rumänien und Bulgarien (je 1,5 Punkte) am höchsten.
Außerdem sind in den meisten Ländern jüngere Menschen zufriedener als Ältere: Nur in Skandinavien, Irland, den Niederlanden und Luxemburg ist es anders herum.
EU rückt zusammen - und Deutschland wird immer unzufriedener
Die Zufriedenheit hat sich über die Zeit der unterschiedlichen Erhebungswellen leicht aneinander angenähert - möglicherweise ein Zeichen dafür, dass die EU dichter zusammenrückt.
Ein Land fällt jedoch als Ausreißer nach unten jedes Mal auf: In Bulgarien lag der Zufriedenheitswert 2013 sogar bei lediglich 4,8 - es gab also mehr grundsätzlich unzufriedene als zufriedene Menschen. Seitdem hat sich dieser Wert leicht verbessert auf 5,6 von zehn Punkten.
Deutlich verschlechtert hat sich hingegen Deutschland. Lag die Zufriedenheit noch 2018 nur 0,6 Punkte unter Österreich, so rangierte es 2022 auf einem neuen Tiefstwert: Im Durchschnitt vergaben die Deutschen nur 6,5 von zehn Punkten - hinter Bulgarien ist das der geringste Wert der EU.