Vergessener Klassiker
2. Juli 2008Genau 55 Minuten Film sind auf der jetzt erschienenen DVD vom Film "The River" zu sehen - mehr bewegte Bilder sind nicht erhalten. Und doch ist diese knappe Stunde Film ein Sehgenuss. Lange galt Frank Borzages Film als verschollen, bis ein Fragment in den Studios von 20th Century-Fox auftauchte. Dann fand man auch noch eine von der schwedischen Zensur geschnittene Szene. Filmhistoriker setzten die Teile zusammen und ergänzten sie mit Filmphotos der fehlenden Sequenzen. Das Ergebnis kann man nun auf einer DVD der "Edition Filmmuseum" bestaunen.
Starke europäische Einflüsse
Auf der DVD wird auch die enge Verbindung des US-Regisseurs mit italienisch-schweizerischen Wurzeln und dem deutschen Stummfilm dokumentiert. Als "The River" Ende der 1920er Jahre in Hollywood entstand arbeitete der deutsche Regisseur Friedrich Wilhelm Murnau im selben Studio. Borzage bewunderte sowohl den Regisseur von Klassikern wie "Nosferatu" und "Der letzte Mann" als auch den deutschen Expressionismus als künstlerische Stilrichtung. Das sieht man "The River" an. Die Liebesgeschichte zwischen einer erfahrenen Frau aus der Stadt und einem "unschuldigen" jungen Mann vom Land ist geprägt von phantastischen Filmsets, einer lyrischen Erzählweise und einer starken Sinnlichkeit der Bilder. Im puritanischen Amerika der Zeit wurde der Film aufgrund dieses erotischen Subtextes in manchen Bundesstaaten verboten.
Fritz Lang und der amerikanische Gangsterfilm
Neben Murnau und Ernst Lubitsch war Fritz Lang der dritte deutsche Filmregisseur mit Weltgeltung. Vor allem seine Science Fiction-Phantasie "Metropolis" wurde in den USA bewundert. Anfang der 1930er Jahre ging auch Lang nach Hollywood und startete dort eine zweite Karriere. Er versuchte sich in verschiedenen Genres, unter anderem beschäftigte es sich auch mit dem Krimigenre. Auf DVD liegt jetzt sein 1953 gedrehter film noir "The Blue Gardenia" mit Anne Baxter und Richard Conte vor: ein Thriller um Gewalt und Moral, um die Macht der Liebe und journalistischen Ethos.
Ein Wiener in Hollywood: Fred Zinnemann
Auch der 1907 in der österreichischen Hauptstadt geborene Fred Zinnemann fand nach ersten Erfolgen in Europa eine zweite Heimat an der amerikanischen Westküste. Westernklassiker wie "High Noon" und Melodramen wie "Verdammt in alle Ewigkeit" gelten als Höhepunkte des jeweiligen Genres. Weniger bekannt, aber unbedingt (wieder)sehenswert ist sein Kriegsheimkehrerfilm "Die Männer". Der junge Marlon Brando spielt hier in seinem Filmdebüt einen vom 2. Weltkrieg schwer gezeichneten Soldaten. Zinnemann stellt einen querschnittsgelähmten und desillusionierten jungen Mann vor, der in einem Hospital für Kriegsveteranen nur mühsam zu einem neuen Leben findet: eine schauspielerische Tour de Force und eine bittere Antikriegsfabel.
"The River" ist in der "Edition Filmmuseum" erschienen, "Blue Gardenia" und "Die Männer" beim Anbieter "Kinowelt/Arthaus".