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Heftige Kritik an Ausspähprogramm

Christoph Hasselbach2. Juli 2013

Enttäuscht bis wütend - so reagieren die Mitglieder des Europaparlaments auf die angeblichen Ausspähaktionen des US-Geheimdiestes. Die geplanten Verhandlungen für eine Freihandelszone stehen unter einem schlechten Stern.

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Ein verkabeltes Notebook (Foto: Fotolia/benjaminnolte)
Bild: Fotolia/benjaminnolte

Die EU-Kommission hat bisher sehr vorsichtige Worte zur mutmaßlichen Datenspionage durch den amerikanischen Geheimdienst gefunden. Und bisher hatte auch nur Justizkommissarin Viviane Reding die Gespräche für eine amerikanisch-europäische Freihandelszone in Zweifel gezogen, die am kommenden Montag (08.07.2013) beginnen sollen. Der Rest der Kommission distanzierte sich später von Reding und wollte zunächst keine Verbindung zwischen den Spionagevorwürfen und den Handelsgesprächen sehen. Viel größer ist die Aufregung im Europaparlament. Guy Verhofstadt, Fraktionsvorsitzender der Liberalen, regte sich aber nicht nur über das angebliche Spähprogramm auf. Er warf auch der EU-Außenrepräsentantin Catherine Ashton und EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy "schwache Formulierungen" gegenüber den Amerikanern vor: "Alles, was Sie gesagt haben, war: 'Wir sind besorgt.' Wir sind nicht besorgt, wir sind verärgert, wir sind wütend über das, was passiert ist. Freunde tun so etwas nicht", ereiferte sich der Belgier im Straßburger Plenum.

Kerrys Reaktion gilt als kaltschnäuzig

Auch Rebecca Harms, die Ko-Fraktionsvorsitzende der Grünen, warf der Kommission Schwäche vor, allein Reding habe Stärke bewiesen. Harms hat die bestehenden Austauschprogramme mit den USA über Bank- und Fluggastdaten schon immer skeptisch gesehen. Sie fühlt sich jetzt bestätigt und glaubt, dass die USA auch in den Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen europäische Normen wie den Datenschutz infragestellen werden. "Und deswegen dürfen die Verhandlungen nicht eröffnet werden, bevor wir nicht untersucht haben, wie groß das Problem eigentlich ist." Sie und andere werfen besonders US-Außenminister John Kerry seine als kaltschnäuzig empfundene Reaktion auf die Kritik der Europäer vor. Kerry hatte gesagt, es sei "nichts Ungewöhnliches", dass Staaten Daten in anderen Ländern sammelten. Die Linken-Fraktionschefin Gabi Zimmer will vor der Aufnahme von Verhandlungen erst einmal geklärt sehen, "ob wir auf Augenhöhe stehen und ob wir uns gegenseitig respektieren mit all unseren Rechten, die wir uns erarbeitet haben."

Harms in ihrem Büro Foto: DW/Z. Butyrskyi
Rebecca Harms sieht europäische Standards in GefahrBild: DW/Z. Butyrskyi

Europäer wollen "ihren" Datenschutz exportieren

Die Europäer sind aber beim Thema Datenschutz auch noch mit sich selbst beschäftigt. Denn die EU-Institutionen Kommission, Rat der Mitgliedsstaaten und Parlament sind ganz unabhängig vom geplanten Freihandelsabkommen mit den USA gerade dabei, ein neues Datenschutzgesetz auszuhandeln. Das soll hohe Hürden aufstellen, zum Beispiel Löschrechte vorsehen. Hannes Swoboda, Fraktionsvorsitzender der Sozialisten, kann "keinem EU-US-Handelsabkommen zustimmen, ohne erst ein Datenschutzpaket zu haben, das die EU beschließt und das von den USA anerkannt werden muss." Auch für Manfred Weber, Innenexperte und stellvertretender Fraktionsvorsitzender der EVP-Fraktion, ist dies der entscheidende Punkt und nicht der, ob die Freihandelsgespräche verschoben werden: "An diesem Gesetzestext macht sich fest, ob wir in der Lage sind, unsere Spielregeln zu globalisieren. Und die zentrale Spielregel in Europa ist, dass Daten der Bürger auch den Bürgern gehören." Dies müsse man den Amerikanern klarmachen. Ziel der Europäer wäre, dass ein hoher Datenschutzstandard dann auch in den USA gilt.

Auch Wohlmeinende reden von erschüttertem Vertrauen

Der Christdemokrat Weber hält sich bewusst mit der Drohung zurück, die Handelsgespräche platzen zu lassen. Dazu müssten die Europäer mit ihrer Wachstumsschwäche und ihren vielen Arbeitslosen zu sehr an neuem wirtschaftlichem Schwung interessiert sein. Doch auch er muss zugeben: "Das Vertrauen ist erschüttert." Auch seine Fraktion ist dafür, einen Untersuchungsausschuss zu den Bespitzelungsvorwürfen einzurichten, wenn die amerikanische Seite die Vorwürfe nicht bald aufklärt. Ob und wie sich das gegebenenfalls auf die Verhandlungen beim Freihandelsabkommen auswirken würde, ist unklar. Ebenso ist rechtlich ungeklärt, ob man die Verhandlungen überhaupt noch stoppen kann. Eigentlich haben Rat und Parlament der Kommission das Verhandlungsmandat erteilt. Und die Kommission hält bisher daran fest.

EU-Handelskommissar De Gucht und Kommissionspräsident Barroso gemeinsam am Rednerpult Foto: John Thys/AFP/Getty Images
EU-Handelskommissar De Gucht und Kommissionspräsident BarrosoBild: John Thys/AFP/Getty Images