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Europarat: Deutschland muss mehr tun

3. Juni 2015

Der Europarat hat der Bundesregierung im Kampf gegen Zwangsprostitution und Ausbeutung ein gutes Zeugnis ausgestellt. Doch es gibt noch diverse Schwachstellen.

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Prostituierte an einer Bar im Bordell Pascha in Köln (Archivfoto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/R. Vennenbernd

Experten des Europarates raten Deutschland zu einer umfassenderen Strategie gegen den Menschenhandel. Die Hilfe sollte sich nicht wesentlich auf Opfer von Zwangsprostitution und Ausbeutung illegaler Arbeitskräfte konzentrieren. Zudem sollte der Kreis der anerkannten Opfer vergrößert werden, empfiehlt die Expertengruppe des Europarates gegen Menschenhandel (GRETA) in ihrem jetzt veröffentlichten ersten Deutschland-Bericht.

Zwang zur Bettelei

"In Deutschland ist die Straftat Menschenhandel in erster Linie auf sexuelle Ausbeutung von Frauen und auf Zwangsarbeit ausgerichtet", erläuterte der österreichische GRETA-Experte Helmut Sax vom Institut für Menschenrechte in Wien der Deutschen Presse-Agentur.

"Opfer von Menschenhandel sollten nicht für Straftaten belangt werden, zu denen sie von Menschenhändlern gezwungen werden", fordern die Fachleute in dem 65 Seiten langen Bericht weiter. Dies bezieht sich beispielsweise auf Drogen- oder Diebstahldelikte.

Fußgängerzone in Frankfurt: Organisierte Banden nutzen das Mitleid der Menschen beispielsweise in der Weihnachtszeit geschickt aus (Foto: dpa)
Frankfurt: Organisierte Banden nutzen das Mitleid der Menschen beispielsweise in der Weihnachtszeit geschickt ausBild: picture-alliance/dpa/F. Rumpenhorst

Aufenthalt an Bedingungen geknüpft

Kritisch merken die GRETA-Experten auch an, dass Aufenthaltsgenehmigungen für Opfer von Menschenhändlern unter der Bedingung erteilt werden, dass die Betroffenen mit Polizei oder Staatsanwaltschaft zusammenarbeiten, um gegen Schlepper vorzugehen. Viele Opfer scheuen davor oftmals zurück, sei es aus Angst vor der Polizei oder vor Racheakten der Menschenhändler.

Die Experten raten der Bundesregierung außerdem dazu, angesichts uneinheitlicher Länder-Bestimmungen eine nationale Strategie gegen Menschenhandel zu entwickeln.

Straßenstrich in Berlin (Foto: dpa)
Straßenstrich in BerlinBild: picture-alliance/dpa/P. Zinken

Opfer vornehmlich aus Osteuropa

Die Opfer von Menschenhandel in Deutschland kommen oftmals aus östlichen Ländern der Europäischen Union. Nach Zahlen des Bundeskriminalamtes von 2010 bis 2013 stammen die meisten von ihnen aus Rumänien (571), Ungarn (190), Polen (112) sowie dem westafrikanischen Nigeria (102). Aber auch innerhalb Deutschlands wurden in dem Zeitraum mehr als 400 Frauen zur Zwangsprostitution verschleppt. Dies sind allerdings nur die offiziellen Zahlen. Fachleute gehen von einer deutlich höheren Dunkelziffer aus.

Lob für die Bundesregierung

In der Summe bescheinigen die Europarat-Experten Deutschland, dass es den Kampf gegen den Menschenhandel ernst nimmt und auch Geld dafür ausgibt. Als Pluspunkte bewertet GRETA das ausgebaute System von Beratungszentren für Opfer sexueller Ausbeutung und eine 24-Stunden-Hotline für Frauen, die Opfer von Gewalt werden. Lobend erwähnt wird auch die regelmäßige Fortbildung für spezialisierte Polizeibeamte sowie die weitreichende internationale Zusammenarbeit mit betroffenen Drittländern.

Die Bundesregierung verweist in ihrer Stellungnahme auf die Einrichtungen und Aktivitäten zur Identifizierung, zum Schutz und zur Hilfe für Opfer von Menschenhandel. Bundesweit gebe es 48 spezialisierte Zentren, wo Opfer medizinisch betreut würden und Unterkunft, Rechtshilfe und Dolmetscherdienste erhielten.

Osteuropa hinkt hinterher

Im Vergleich zu anderen der 43 von 47 Ländern des Europarates, die der Konvention gegen Menschenhandel beigetreten sind, könne sich diese Bilanz sehen lassen, erklärten die GRETA-Fachleute. Dies gelte vor allem im Vergleich zu osteuropäischen Staaten.

Deutschland hat die Europaratskonvention gegen Menschenhandel 2012 ratifiziert. Die Experten besuchten im Juni 2014 Regierungsbehörden und sechs Bundesländer (Berlin, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen).

se/kle (dpa, Europarat, www.coe.int/t/dghl/monitoring/trafficking/default_en.asp )