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Europarat kritisiert britische Gefängnisse

30. April 2020

Mitglieder des Anti-Folter-Komitee inspizierten 2019 Haftanstalten für Männer und Jugendliche. Sie entdeckten Überbelegung, "beispiellos" viel Gewalt, lange Isolationsphasen und einen "alarmierend" hohen Drogenkonsum.

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Tristesse in langen Fluren: das Innenleben des Gefängnisses Wormwood Scrubs (Foto: picture-alliance/photoshot)
Tristesse in langen Fluren: das Innenleben des Gefängnisses Wormwood ScrubsBild: picture-alliance/photoshot

Das Anti-Folter-Komitee des Europarats (CPT) hat die Lage in britischen Gefängnissen heftig kritisiert. Das Haftsystem Großbritanniens befinde sich in einer "tiefen Krise", Gefängnisse seien überfüllt und unsicher für Insassen und Angestellte, erklärte das Experten-Gremium in einem Bericht über einen Besuch mehrerer Haftanstalten. Demnach hat die Zahl gewalttätiger Übergriffe zwischen den Häftlingen deutlich zugenommen. Die Gefängnisse müssten zudem dringend saniert werden, forderte das Gremium.

Haftanstalt von Warmwood Scrubs (Foto: Getty Images/WPA/P. Hackett)
Haftanstalt von Warmwood ScrubsBild: Getty Images/WPA/P. Hackett

Mitglieder des Komitees hatten im Mai 2019 drei Gefängnisse für Männer besucht - in der in der Grafschaft South Yorkshire gelegenen Stadt Doncaster, in Liverpool sowie die Anstalt Wormwood Scrubs im Westen von London. In diesen Haftanstalten gab es den Experten zufolge schwere Angriffe von Gefangenen auf andere Insassen und auch Wärter. Diese Gewalt habe ein "beispielloses Niveau" erreicht. Auch seien die Häftlinge, die keiner Arbeit nachgehen, bis zu 23 Stunden pro Tag in ihrer Zelle, kritisierte das Komitee.

Die CPT-Vertreter zeigten sich auch besorgt über einen "alarmierend hohen Konsum verbotener Substanzen". Demnach wurde ein Drittel der wahllos überprüften Häftlinge positiv auf Drogen getestet. Darüber hinaus hätten viele Häftlinge psychische Probleme, viele hätten sich bereits selbst verletzt. Die Gefängniswärter arbeiteten "unter extremem Druck unter schwierigen Bedingungen", was vor allem auf die "chronische Überbelegung" zurückzuführen sei. Keines der besuchten Gefängnisse könne als sicher eingestuft werden, so das Urteil der Komiteeangehörigen. Die gleichen Zustände seien in den Jugendstrafanstalten Feltham A und Cookham Wood zu beklagen.

Gefängnis in Doncaster (Foto: picture-alliance/empics/D. Lawson)
Gefängnis in DoncasterBild: picture-alliance/empics/D. Lawson

Die Zahl der Gefängnisinsassen hat sich in Großbritannien seit 1990 mehr als verdoppelt. Nach Meinung des Komitees muss Großbritannien tiefgreifende Änderungen am Haftsystem vornehmen, um eine Überbelegung zu vermeiden. London dürfe sich aber nicht damit begnügen, neue Haftanstalten zu bauen. Die Außerbetriebsetzung von Einrichtungen aus dem viktorianischen Zeitalter müsse vielmehr mit einer Stabilisierung und Reduzierung der Zahl der Häftlinge basierend auf Strafmaß-Reformen einhergehen.

Als Reaktion auf den Bericht erklärten die britischen Behörden, es liefen unter anderem bereits ein Rekrutierungsprogramm für zusätzliche Gefängnisaufseher sowie ein 100-Millionen-Pfund-Investitionsprogramm (114 Millionen Euro) zur Verbesserung der Sicherheit in den Haftanstalten. Die Regierung verfolge jedoch keine "willkürlichen Ziele zur Reduzierung der Zahl der Häftlinge". Der Bau neuer Haftanstalten und die Schaffung neuer Haftplätze solle der Überbelegung entgegenwirken.

Knast in Liverpool (Foto: picture-alliance/empics/P. Byrne)
Knast in LiverpoolBild: picture-alliance/empics/P. Byrne

Das CPT besteht aus Experten des Europarats und hat seinen Sitz im französischen Straßburg. Die Berichte zu den Besuchen sind keine Ermittlungen gegen einen Staat. Sie dienen lediglich dazu, die Einhaltung der Menschenrechte in Gefängnissen in den 47 Mitgliedstaaten des Europarats zu überprüfen.

sti/kle (afp, dpa)