EVP kann über Fidesz-Rauswurf abstimmen
5. März 2019Zwölf Mitgliedsparteien aus neun Ländern hätten bei dem Präsidenten der Europäischen Volkspartei (EVP), Joseph Daul, eine Abstimmung über die Frage gefordert, sagte eine Parteisprecherin in Brüssel. Demnach sprachen sich jeweils zwei Parteien aus Belgien, Portugal und Schweden gegen die rechtsnationale Fidesz-Partei von Ungarns Regierungschef Viktor Orban aus. Außerdem seien Anträge von je einer Partei aus Finnland, Griechenland, Litauen, Luxemburg, den Niederlanden und Norwegen eingegangen.
CDU und CSU sowie Les Républicains aus Frankreich positionierten sich nicht explizit gegen Orban aus. Für die nun anstehende Debatte war ein Quorum von mindestens sieben EVP-Mitgliedern aus fünf Ländern erforderlich.
Das Thema werde am 20. März bei einer EVP-Vorstandssitzung auf die Tagesordnung kommen, so die Parteisprecherin. Worüber genau abgestimmt wird, ist noch offen. Neben dem sofortigen Ausschluss wäre es auch möglich, die Mitgliedschaft vorerst und unter Auflagen auszusetzen. Die Anwesenden könnten sich zudem auch für einen Verbleib von Fidesz ohne Auflagen aussprechen. Alle Entscheidungen müssen mit absoluter Mehrheit getroffen werden.
Nach Angaben aus Parteikreisen könnte zudem bereits in der kommenden Woche über einen Ausschluss der Orban-Partei aus der EVP-Fraktion im Europaparlament diskutiert werden. Fraktionschef ist CSU-Politiker Manfred Weber, der als EVP-Spitzenkandidat in den Europawahlkampf geht und im Herbst EU-Kommissionschef werden will.
Umstrittene Plakatkampagne
Auslöser der Revolte ist eine Plakatkampagne von Fidesz in Ungarn, die in den vergangenen Wochen in der EVP auf heftige Kritik gestoßen war. Sie zeigt EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker und den liberalen US-Milliardär ungarischer Herkunft, George Soros, in unvorteilhafter Pose. Darunter sind Behauptungen zu lesen, die suggerieren, beide wollten illegale Migration nach Europa fördern. Orbans Regierung hat Soros bereits mehrfach persönlich angegriffen und dabei auch mit antisemitischen Tönen gegen den ungarnstämmigen jüdischen Investor gespielt.
Orban hatte seine EVP-Kritiker zuletzt als "nützliche Idioten" der Linken beschimpft. "Während sie einen geistigen Kampf zu führen glauben, dienen sie den Machtinteressen anderer, ja denen unserer Gegner", sagte er der "Welt am Sonntag". Am Wochenende hatte der 55-Jährige bereits die nächste Kampagne angekündigt - gegen den für Rechtsstaatlichkeit verantwortlichen Vize-Präsidenten der EU-Kommission, Frans Timmermans. Das Europaparlament hatte im vergangenen September wegen der Verletzung von Grundwerten einen Strafprozess gegen Ungarn eingeleitet.
Die Brüsseler Behörde warnte die ungarische Regierung davor, die geplante Aktion umzusetzen. Egal, ob die Kampagnen Juncker, seinen Vize oder andere Mitarbeiter zum Ziel hätten - man werde "antworten und unsere Arbeit mit gleicher Kraft gegen Unwahrheiten und betrügerische Rhetorik verteidigen", sagte ein Kommissionssprecher.
hk/kle (dpa, afp, rtr)