Friedrich greift Merkels Kurs an
27. Dezember 2014In einem Gespräch mit dem Magazin "Der Spiegel" sagte der ehemalige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich mit Blick auf die "Alternative für Deutschland" (AfD), die in diesem Jahr den Einzug in das Europa-Parlament und in drei Landtage geschafft hat: "Wenn Sie mich vor ein paar Jahren gefragt hätten, hätte ich gesagt: Wir putzen die weg, indem wir ihnen die Themen wegnehmen".
Kritik an Energiewende und doppelter Staatsbürgerschaft
Bundeskanzlerin Angela"Merkel "hat sich aber entschieden, der SPD und den Grünen die Themen wegzunehmen", so Friedrich. "Denken Sie nur an den planlosen Ausstieg aus der Kernenergie oder die Einführung der doppelten Staatsangehörigkeit", erklärte der CSU-Politiker. Dies sei "kurzfristig erfolgreich, wie die Meinungsumfragen zeigen. Langfristig ist es ein verheerender Fehler, der zur Spaltung und Schwächung des bürgerlichen Lagers führen kann."
Das Aufkommen der Pegida-Bewegung ("Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes") zeigt nach Ansicht Friedrichs, dass die Unionsparteien "in der Vergangenheit mit der Frage nach der Identität unseres Volkes und unserer Nation zu leichtfertig umgegangen sind." Da müsse umgedacht werden, auch in der CSU.
Vor allem müsse seine Partei wieder die rechte Flanke im Parteienspektrum abdecken, forderte der ehemalige Minister. "Die CSU muss auch im Interesse der CDU für Konservative, Mittelstand und Handwerk bundesweit Flagge zeigen, sonst wird die AfD für uns zu einer tödlichen Gefahr."
17.000 Demonstranten in Dresden
Die Pegida-Bewegung organisiert seit Wochen in mehreren Städten Demonstrationen gegen eine angebliche Islamisierung Deutschlands. In der sächsischen Landeshauptstadt Dresden, der Hochburg der Bewegung, waren am Montag etwas 17.500 Menschen auf die Straße gegangen. Aber es formiert sich bundesweit auch immer mehr Widerstand gegen Pegida.
Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Safter Cinar, übte scharfe Kritik an Dialogangeboten der Politik an die Pegida-Anhänger. "Wer hier für Verständnis plädiert, bestärkt diese Leute - und womöglich weitere - in dem Glauben, es gebe etwas zu verstehen", sagte Cinar der Zeitung "Tagesspiegel am Sonntag".
Nötig sei "ein Tabu gegen Fremdenfeindschaft und Rassismus", verlangte Cinar. Das Tabu, mit dem in Deutschland der Antisemitismus belegt ist, zeige, dass dies möglich und wirksam sei. Es brauche auch gegen Rassismus "eine breite Übereinstimmung", betonte der Chef der Türkischen Gemeinde.
Unterdessen entwickelt sich die vor wenigen Tagen gestartete Online-Petition gegen Pegida zu einem Renner im Internet. Am Samstagnachmittag überschritt der Aufruf "Für ein buntes Deutschland" die Marke von 100.000 Unterstützern.
wl/det (dpa, afp, rtr)