Strafgerichtshof spricht Ex-Rebellenchef schuldig
4. Februar 2021Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hat den ugandischen Rebellenführer Dominic Ongwen wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt.
Es war das erste Verfahren vor dem Weltstrafgericht gegen einen früheren Kindersoldaten. Dem heute etwa 46 Jahre alten Anführer der berüchtigten "Lord's Resistance Army" (LRA) wurden Gräueltaten im Norden Ugandas vorgeworfen, darunter Mord, Folter und Angriffe auf Flüchtlingslager sowie den Einsatz von Kindersoldaten. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass der Mann die tödliche Angriffe angeordnet hat. Das Strafmaß wollen die Richter zu einem späteren Zeitpunkt verkünden.
Als Kind entführt
Ongwen war selbst als Kind verschleppt worden und stieg zu einem Stellvertreter des flüchtigen LRA-Chefs Joseph Kony auf. Der Punkt, dass Ongwen zunächst selbst Opfer war, ist nach Ansicht von Oryem Nyeko von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch in der ugandischen Hauptstadt Kampala, wichtig. "Es kann nicht ignoriert werden, weil es ein großer Faktor für die Entwicklung seines Lebens und seine Handlungen ist", sagte Nyeko zur Deutschen Welle. Das bedeute aber nicht, "dass er nicht für die Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden sollte, die er als Erwachsener begangen hat".
Mehr als 30 Jahre lang hatte die Rebellenmiliz LRA in dem afrikanischen Land ihr Unwesen getrieben. Ongwen hatte sich Anfang 2015 nach zehn Jahren auf der Flucht ergeben. In dem Prozess hatte er die Vorwürfe als unwahr zurückgewiesen.
Die LRA ist berüchtigt für die brutalen Methoden, mit denen sie aus Kindern Soldaten machte. Mädchen wurden als Sexsklavinnen missbraucht. Durch den über 30 Jahre dauernden Terror der LRA in Uganda und später auch in angrenzenden Ländern wurden Zehntausende Menschen getötet und Hunderttausende vertrieben.
Freude über das Urteil
In Uganda wurde das Urteil von vielen Menschen, mit denen die DW sprach, begrüßt. "Ich bin froh, dass sich nach all den Jahren Gerechtigkeit durchgesetzt hat", sagt Okiria Cedric in Kampala.
Arach Bernard vom Opferzentrum in Lukodi, einer damals schwer betroffenen Gemeinde, bezeichnete es als "strahlenden Tag" für die Gemeinschaft. "Heute ist ein Tag, an dem wir all das psychische Leiden loswerden, das wir je hatten. Wir haben darauf gewartet, dass die Personen, die diese Gräueltaten begangen haben, zur Rechenschaft gezogen werden und hinter Gittern sind."
Doch nicht alle glauben, dass das Urteil gerecht ist. "Ongwen sollte nicht verurteilt werden, weil er wie viele andere Kinder auch geraubt wurde", findet ein Mann in der nördwestlichen Stadt Gulu. "Was mich am meisten geprägt hat, war, als eine Person, die auch entführt worden war, mir einmal sagte, dass die Verurteilung von Ongwen eine Verurteilung all jener wäre, die im Busch gelitten haben."
Wichtig bleibt nach Ansicht der Ugander aber die Frage, was die Opfer am Ende von dem Urteil haben werden und wie der Prozess der Aussöhnung gestaltet wird. "Die Regierung und ihre Partner haben die schwere Aufgabe, die Gemeinschaften wieder aufzubauen, die Wunden zu heilen und Narben der Menschen in Norduganda verblassen zu lassen", findet Moses Musali, ein Händler in Kampala.
ml/ust/uh (epd, dpa, DW)