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Ex-Yukos-Chef Chodorkowski vor Gericht

Der Prozess gegen den russischen Ölmagnaten Chodorkowski wurde vertagt. Die Anklage wirft ihm Steuerhinterziehung vor. Kritiker sehen darin eine Reaktion auf politische Ambitionen Chodorkowskis.

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Demonstranten forderten im Mai die Freilassung von Michail ChodorkowskiBild: AP


Die Anwälte Chodorkowskis hatten die Vertagung beantragt, bis einer ihrer Kollegen nach einer Augenoperation wieder am Verfahren teilnehmen könne. Der seit fast einem Jahr in Untersuchungshaft sitzende Mitangeklagte Platon Lebedjew beantragte erneut eine Aufhebung des Haftbefehls. Das Gericht beriet darüber, fällte aber bis zum Mittwochnachmittag keine Entscheidung.

Der Prozess gegen den russischen Großunternehmer Michail Chodorkowski hat sich unterdessen zu einem Mammutverfahren ausgeweitet. Ein Moskauer Gericht entschied sich jüngst für die Zusammenlegung des Prozesses gegen den ehemaligen Chef des Ölkonzerns Yukos mit dem Verfahren gegen Platon Lebedew, einen weiteren früheren Yukos-Manager. Der Termin für die erste gemeinsame Anhörung wurde auf den 16. Juni festgelegt. Kritiker werfen Moskau vor, mit dem Gerichtsverfahren Chodorkowskis politische Ambitionen stoppen zu wollen.

Unterdessen will der zu Steuernachzahlungen in Milliardenhöhe verurteilte russische Ölkonzern Yukos Unternehmensanteile an den Staat verkaufen, um einer Pleite zu entgehen. Dafür müsse die Regierung allerdings die seit Monaten gesperrten Yukos-Aktiva freigeben, zitierten russische Tageszeitungen am Dienstag (15.6.) aus einem Yukos-Schreiben an Ministerpräsident Michail Fradkow.

"Förmliche Kapitualtion"

"Die Hauptaktionäre schwenken die weiße Fahne", kommentierten Analysten das Yukos-Angebot. Dieser lang erwartete Schritt sei eine "förmliche Kapitulation" des Yukos-Mehrheitseigners Menatep und solle die Voraussetzungen für eine außergerichtliche Einigung schaffen. Allerdings befürchteten manche Moskauer Experten, dass der Staat das Unternehmen in die Insolvenz treiben wolle, wie die Wirtschaftszeitung "Wedomosti" berichtete.

Das Gericht steht vor einem äußerst komplexen Verfahren: Die Gerichtsakten Chodorkowskis umfassen 227 Ordner, die Lebedews rund 160. Lebedew wurde im Juli 2003 festgenommen, Chodorkowski im Oktober. Beide haben die Vorwürfe zurückgewiesen.

Richterin wegen Befangenheit abgelehnt

Am vergangenen Freitag (10.6.) wurde bereits eine Richterin wegen Befangenheit abgelehnt. Das Finanzministerium warf ihr Befangenheit vor, hieß es laut Agenturangaben. Die Richterin soll dem Ministerium zufolge außerdem versucht haben, die Vorlage wichtiger Beweise zu verhindern.

Das Schweizer Bundesgericht gab unterdessen eine Entscheidung zur Freigabe von eingefrorenen 1,6 Milliarden Dollar des Unternehmens bekannt. Das Geld war den Angaben zufolge im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen den 41-jährige Multimillionär im März 2004 auf Eis gelegt worden. Die russische Staatsanwaltschaft hat ein Netz von Firmen und Personen in der Schweiz im Visier, denen betrügerische Handelsgeschäfte mit Düngemitteln und Ölprodukten vorgeworfen wird.

Finanzbehörden fordern 3,5 Milliarden Dollar

Russische Finanzbehörden fordern von Yukos allein für das Jahr 2000 Steuernachzahlungen und Bußgelder in Höhe von 3,5 Milliarden Dollar. Sollte es darüber hinaus gehende Forderungen geben, drohe dem Unternehmen in diesem Jahr die Pleite, hatte Yukos Anfang Juni gewarnt. Die Warnung hatte zu massiven Kursverlusten der Yukos-Aktien geführt. Die Papiere verloren daraufhin etwa ein Viertel ihres Wertes und fielen auf das niedrigste Niveau seit Februar 2002.

Durch mehrere Kursstürze an der Börse schrumpfte die Marktkapitalisierung von Yukos von mehr als 30 Milliarden Dollar vor der Verhaftung des damaligen Konzernchefs Chodorkowski Ende Oktober 2003 auf derzeit 18,6 Milliarden Dollar. (ali)