Experten warnen vor neuer Corona-Welle
24. Juni 2020Führende britische Mediziner üben deutliche Kritik an der bisher umfangreichsten Lockerung der Pandemie-Maßnahmen in England. In einem Brief, der im "British Medical Journal" veröffentlicht wurde, warnen sie eindringlich vor dem "echten Risiko" einer zweiten Corona-Infektionswelle in Großbritannien.
Es müsse nun schnell gehandelt werden, um noch mehr Todesopfer und Verluste für die Wirtschaft zu verhindern, fordern die Experten in dem offenen Brief an die Parteispitzen. "Viele Elemente der Infrastruktur, die zur Eindämmung des Virus benötigt werden, werden gerade erst eingerichtet, aber es gibt noch erhebliche Herausforderungen."
"Während das Ausmaß der Pandemie in Großbritannien schwer vorherzusagen ist, deuten die verfügbaren Beweise darauf hin, dass lokale Ausbrüche immer wahrscheinlicher werden und eine zweite Welle ein echtes Risiko ist", heißt es in dem Schreiben. Die Regierung dürfe nicht nur die (wirtschaftlichen) Folgen der ersten Pandemie-Welle schnell bekämpfen, sondern müsse auch sicherstellen, dass das Land angemessen auf eine zweite Welle vorbereitet sei. Zu den Unterzeichnern des Appells gehören die Präsidenten des Royal College of Surgeons, des Royal College of Physicians und des Royal College of Emergency Medicine.
Keine Lockerungen in Schottland, Wales und Nordirland
Der britische Premierminister Boris Johnson hatte erst am Dienstag verkündet, dass Kneipen, Restaurants und Hotels in England am 4. Juli wieder öffnen könnten.
Auch Sportplätze, Kinos, Museen, Galerien und Büchereien sollen wieder den Betrieb aufnehmen dürfen. Zugleich hatte Johnson angekündigt, die Abstandsregel von zwei Metern auf einen Meter zu verringern. Die neuen Maßnahmen gelten nur für England. In Schottland, Wales und Nordirland entscheiden die dortigen Regierungen.
Auch Regierungsberater aus dem Medizin-Bereich hatten am Dienstag die Lockerungen als "nicht risikofrei" bezeichnet. Großbritannien ist das am schwersten von der Corona-Krise betroffene Land in Europa: Der Johns Hopkins University zufolge wurden fast 308.000 Infizierte gezählt. Mehr als 43.000 starben durch das Virus. Experten gehen von einer hohen Dunkelziffer aus.
kle/sti (dpa, afp)