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Exportschlager duale Ausbildung

Volker Witting17. Oktober 2014

Taiwan setzt bei der Ausbildung verstärkt auf ein deutsches Modell. Theorie und Praxis werden dabei eng verknüpft. Das soll die Wirtschaft konkurrenzfähiger machen.

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Deutsche Ausbilder in Taiwan
Bild: Volker Witting

Frank tüftelt am Mechatronik-Modell. Die langen Haare fallen ihm dabei ins Gesicht. Aber es läuft nicht so, wie es sollte. Der Roboterarm will sich einfach nicht bewegen. Gut, dass ihm Burkhard Colditz von der Siemens-Technik-Akademie über die Schulter schaut. Er kann Yu-Hong Zeng, also Frank, erklären, wie er den richtigen Ablauf programmiert. Immerhin geht es hier um das komplizierte Zusammenwirken von Mechanik, Elektronik und Informatik.

Und das will gelernt sein. Selbst für Ausbilder wie Frank. Er ist einer von sechs Teilnehmern, die am Berufsbildungszentrum Taichung noch einmal die Schulbank drücken: train the trainer. Die Idee dahinter: Theorie und Praxis möglichst eng zusammenbringen. Mit anderen Worten eine duale Berufsausbildung, in der Praxis und Berufsschule direkt verknüpft werden. Das, was früher einmal Lehre hieß.

Erfolgsmodell duale Ausbildung

Die beiden Siemens-Trainer machen bei der Lehrerausbildung hier so ziemlich alles anders, als man es in Taiwan gewohnt ist. Kein Frontalunterricht, Experimentieren und Reflektieren in einer kleinen Klasse. Und das ganze möglichst in Englisch. Frank findet das "cool", wie er sagt. "Das Training ist sehr detailliert. In Taiwan bekommt man ja sonst kaum Feedback. Hier ist das alles anders." Auch Li-Chun Chang ist begeistert. Er vertritt das Arbeitsministerium in diesem Leuchtturmprojekt, ist jetzt aber selbst Teilnehmer. "Die Deutschen nehmen sich mehr Zeit", sagt er. "Sie versuchen die Prozesse zu erklären, statt nur nach den Ergebnissen zu schielen, wie das in Taiwan sonst läuft."

Deutschland Duale Ausbildung Azubis in Sindelfingen Archiv 2013
In Deutschland seit Jahren erfolgreich: die duale Ausbildung.Bild: picture-alliance/dpa

Exportartikel duale Ausbildung. Beteiligt sind das Deutsche Wirtschaftsbüro in Taipei, die staatliche Workforce Development Agency und Siemens Taiwan. Das Projekt in Taichung soll nur ein Anfang sein. Die Hoffnung ist, dass rund 500 Auszubildende hier pro Jahr ein Zertifikat erwerben. Schon von 2003 bis 2010 lief ein ähnliches Projekt sehr erfolgreich. Mehr als 3000 Auszubildende machten mit, erhielten ein deutsches Zeugnis. 170 Unternehmen waren damals beteiligt. Heute läuft das Projekt unter taiwanesischer Ägide weiter.

Taiwan setzt auf Praxis

An diesen Erfolg will das Deutsche Wirtschaftsbüro Taipei in Taiwan wieder anknüpfen, erklärt Raoul Kubitschek: "Das Feld Berufsausbildung ist für alle Auslandshandelskammern wichtig. Die duale Ausbildung ist und bleibt ein wichtiger Exportartikel." Aber natürlich wissen die Deutschen auch, dass ihr Vorhaben den taiwanesischen Berufsausbildungssektor nicht umkrempeln wird.

Wolkenkratzer Taipei 101 in Taiwan
Der Taipei 101 ist das Wahrzeichen der Hauptstadt Taiwans. Das Land will an seine Erfolge als Industrienation anknüpfen.Bild: picture alliance/Chromorange

Doch der Inselstaat blickt in Sachen Berufs- und Berufsschulausbildung genau nach Deutschland. Weltweit wird das duale Ausbildungssystem immerhin als ein Grund dafür gesehen, dass Deutschland die internationale Finanzkrise 2009 so gut überstanden hat. Eine effektive Berufsschulausbildung sei ein wichtiger Faktor, um Taiwans Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, erklären führende taiwanesische Politiker immer wieder. Sie beklagen, dass fast jeder junge Taiwanese eine gute akademische Ausbildung mitbringe, nur die praktischen Fähigkeiten fehlten. Die würden aber auch gebraucht. Gerade in einem Land, in dem neben Hightech auch der Maschinenbau eine wichtige Rolle spiele.

Weichen stellen für die Globalisierung

Ihm habe die berufliche Praxis jedenfalls nicht geschadet, ganz im Gegenteil, erklärt David S. Hong. Er ist Präsident des Thinktanks "Taiwan Institute of Economic Research". Hong hat so manche Klage, wenn er auf den Zustand der eigentlich erfolgreichen taiwanesischen Wirtschaft zu sprechen kommt: zu wenig globalisiert, kaum noch Innovationen und die guten Fachkräfte fehlen oder gehen ins Ausland. "Bei der Berufsausbildung können wir uns deshalb an Deutschland ein Beispiel nehmen." Dem schließt sich auch Frank an, der junge Trainer am Taichung-Bildungszentrum. "Was ich hier gelernt habe, das werde ich auf jeden Fall an meine Auszubildenden weitergeben."

Deutsche Ausbilder in Taiwan
Burkhard Colditz (2vr) mit seinen Schülern hinter der Mechatronik-MaschineBild: Volker Witting

Im Klassenraum werden nun Geschenke ausgepackt. Burkhard Colditz und Michael Röhl, die Siemens-Trainer, freuen sich. Es sind winzige Teekannen und Oolong-Tee. Ihr zweiwöchiger Einsatz ist beendet, nicht aber die Mission duale Berufsausbildung für Taiwan. Doch ein neuer Anfang ist gemacht.