Fahrradautobahn als Alternative für Pendler?
3. April 201725 Millionen Euro - so viel will die Bundesregierung in diesem Jahr zusätzlich in den Ausbau von Radschnellwegen stecken. Das sagte Verkehrs-Staatssekretär Norbert Barthle von der CDU der "Rheinischen Post". Die Fahrradautobahnen sollen vor allem von der wachsenden Zahl von Berufspendlern genutzt werden. Diese kämen "ohne Ampeln und Kreuzungsverkehr viel schneller zur Uni oder zur Arbeit" und entlasteten gleichzeitig den Straßenverkehr.
Menschen, die von einer Stadt in die andere oder von der Vorstadt ins Zentrum wollen, sollen einfacher mit dem Fahrrad von A nach B kommen können: Angesichts überlasteter Autobahnen, Luftverschmutzung und zu wenig Bewegung eine gute Sache. Fraglich ist jedoch, ob die Rechnung, dass vor allem Pendler die Fahrrad-Highways nutzen werden, aufgeht.
17 Kilometer mit dem Rad hin und zurück?
Eine Auswertung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) hat kürzlich ergeben, dass der Weg zum Arbeitsplatz in Deutschland durchschnittlich 16,8 Kilometer lang ist. Ist es realistisch, dass Pendler bei solchen Entfernungen aufs Fahrrad umsteigen?
Marcus Peter von der Technischen Universität Hamburg (TUHH) hat für die Metropolregion Hamburg analysiert, wo Radschnellwege Sinn machen. Er glaubt: "Eine solche Infrastruktur richtet sich vor allem an Personen in einem Bereich von fünf bis zehn Kilometern. Ist der Weg länger, steigen die Menschen eher nicht aufs Fahrrad um."
Aber auch wenn der Durchschnitts-Pendler mehr als zehn Kilometer zu seinem Arbeitsplatz zurücklegen muss, die Investition in Fahrradautobahnen hält Peter für sinnvoll: "Im Bereich bis zu zehn Kilometer sehe ich ein großes Potenzial, das durchaus zu einer Entlastung des Straßenverkehrs insgesamt führen kann." Eine Machbarkeitsstudie für das Projekt "Radschnellweg Ruhr" gibt Peter Recht: So könnten durch den über 100 Kilometer langen Radschnellweg täglich etwa 52.000 Pkw-Fahrten mit über 400.000 gefahrenen Kilometern eingespart werden.
Außerdem könnten die mittlerweile weitverbreiteten E-Bikes dazu beitragen, dass die Radschnellwege von mehr Bürgern angenommen werden. Dank des Elektroantriebs können auch körperlich weniger leistungsfähige Menschen längere Strecken in vertretbarer Zeit zurücklegen und von den Schnellwegen profitieren.
Er sehe die Radschnellwege außerdem nicht nur als Option für Berufspendler, so Peter. Auch für alle anderen Strecken, etwa zum Supermarkt oder zum Kino, könnten sie genutzt werden. Leute, die abends in die Stadt fahren wollten, hätten auf dem Rückweg oft das Problem, dass Bus und Bahn nicht mehr führen oder sie im Falle des PKWs fahrtüchtig bleiben müssten. Ein Radschnellweg würde auch sie viel flexibler machen.
Ein kleiner Schritt in die richtige Richtung
Die 25 Millionen Euro, mit denen der Bund den Ausbau nun neuerdings bezuschussen will - bislang übernahmen Kommunen und Länder die Kosten alleine - sind laut Peter alles in allem "ein Schritt in die richtige Richtung".
Auch der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club, ADFC, bewertet die Investition als "politisch wichtiges Signal". Allerdings sei der Etat auf ganz Deutschland verteilt viel zu klein: Ein Kilometer Schnellweg koste zwischen 0,5 und zwei Millionen Euro, mit 25 Millionen Euro könne man also lediglich zwölf bis 50 Kilometer bauen. Daher fordert der ADFC "den zehnfachen Etat, womit im Jahr etwa 300 Kilometer Radschnellwege gebaut werden können".