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Gesellschaft

Russischer Waffen-Zug nicht von Partisanen sabotiert

Joscha Weber | Tatjana Schweizer
27. April 2022

Ein Video zeigt einen entgleisten Zug mit Panzern und Militärmaterial. Angeblich eine russische Waffenlieferung für den Ukraine-Krieg. Unser Faktencheck zeigt jedoch: Mit dem aktuellen Krieg hat das Video nichts zu tun.

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DW Faktencheck | Youtube-Video aus dem Jahr 2017, mit falschen Informationen im Ukrainekrieg verbreitet
Screenshot eines Youtube-Videos: Der Zugunfall ereignete sich bereits 2017Bild: Youtube/Забмедиа Ру

Ein Güterzug mit Panzern, Mannschaftswagen und weiterem Militärmaterial ist entgleist. Ein 37 Sekunden langes Video, gedreht aus einem vorbeifahrenden Zug, zeigt den Vorfall. Angeblich zeigt es einen Militärzug auf dem Weg in den Krieg in der Ukraine. Der Ort des Geschehens soll Brjansk sein, das nur gut 100 Kilometer von der ukrainischen Grenze liegt. Ein Erfolg von Partisanen, die Russlands Militär auf russischem Boden bekämpfen?

Behauptung: "Ein Video, das vermutlich bei Brjansk aufgenommen wurde. Ein Teil des Militärzugs der russischen Streitkräfte ist entgleist", schreibt ein Telegram-Nutzer. "Sie schaffen es nicht einmal, ihre Ausrüstung zu transportieren", macht sich ein Twitter-Nutzer lustig und nennt die russischen Soldaten "Orks", eine abfällige Beschreibung für die russischen Invasoren. Und für einen Facebook-User ist der Fall klar: "Partisanen" haben den russischen Zug sabotiert. 

DW Faktencheck: Falsch.

Das Video hat nichts mit dem Krieg in der Ukraine zu tun und ist sogar älter. Wir haben einen Screenshot des Videos erstellt und damit anschließend Bilderrückwärtssuchen mit Yandex und Tineye durchgeführt. Ergebnis: Die ältesten Versionen des Videos stammen vom 6. September 2017, also lange vor dem russischen Einmarsch im Februar diesen Jahres in die Ukraine. Es handelt sich dabei um den gleichen Videoausschnitt. 

Weitere Treffer unter den Ergebnissen der Bilderrückwärtssuchen führen uns zu mehreren Medien-Artikeln, die den Vorfall von 2017 näher beschreiben. So meldete inforesist.org, dass im russischen Tschita elf Militärwagons und drei Personenwagons entgleisten. Die Plattform vgudok.com veröffentlichte mehrere Fotos des Vorfalls und zeigte dabei auch, dass sich die Entgleisung genau an einer Weiche der Schienenstrecke bei Tschita ereignete. Und ren.tv schrieb, dass sich der Unfall auf der Strecke zwischen dem Bahnhof Tschita-2 und Antipikha ereignete.

Da beide Orte nur sieben Kilometer auseinanderliegen, grenzt dies die Suche nach dem Ort des Geschehens weiter ein. Fotos vom Unglücksort zeigen den Verlauf der Bahnstrecke, Landschaft sowie die Bebauung entlang der Schienen. Über Google Earth konnten wir schließlich verifizieren, dass sich das Unglück in einer Kurve kurz hinter dem Bahnhof Tschita-2 ereignete. 

Zugentgleisung ereignete sich gut 6000 Kilometer entfernt

Auch die russische Nachrichtenagentur Interfax berichtete über den Vorfall und führte die Transbaikal-Eisenbahn als Quelle an. Der Pressedienst der Transbaikal-Eisenbahn mit Sitz in Tschita bestätigte den Unfall sowie den Ort des Geschehens, sprach jedoch nur von zehn entgleisten Waggons (Meldung nur noch archiviert verfügbar). 

Fazit: Das Zugunglück ereignete sich nicht nur knapp fünf Jahre vor dem Ukrainekrieg, sondern auch gut 6000 Kilometern entfernt vom angeblichen Unglücksort Brjansk. Und es kann somit nicht Partisanenkämpfern im Kontext des Ukrainekrieges zugerechnet werden.

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