Fall Gurlitt: Rückgabe der "Sitzenden Frau"
28. März 2014Mitte der 1920er malte der französische Maler Henri Matisse eine "Sitzende Frau". Das Gemälde fand seinen Weg in die Sammlung Paul Rosenbergs, eines jüdischen Kunsthändlers, der in Paris lebte. Das Bild wurde möglicherweise von den Nationalsozialisten geraubt und von Gustav Rochlitz erworben. Rochlitz war ebenfalls Kunsthändler in Paris – mit einer engen Verbindung zu Hermann Göring. Rochlitz besorgte Kunst für den einflussreichen Nationalsozialisten, der unter Hitler Oberbefehlshaber der deutschen Luftwaffe war. Unklar ist auch, wie das Bild schließlich dem Kunsthändler Hildebrand Gurlitt in die Hände fiel. Klar ist, dass Matisse' "Sitzende Frau" in der Münchner Wohnung seines Sohnes Cornelius Gurlitt gefunden wurde. Nach Angaben der "Süddeutschen Zeitung" werde das Bild auf einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag taxiert.
Gurlitt will "Sitzende Frau" zurückgeben
Am Mittwoch (26.03.2014) hat der Pressesprecher des Kunstsammlers Cornelius Gurlitt angekündigt, dass ein Kunstwerk aus der Gurlitt-Sammlung an die rechtmäßigen Erben zurückgegeben werden soll. Dabei handelt es sich um jene "Sitzende Frau", wie Gurlitts Sprecher, Stephan Holzinger, gegenüber der DW bestätigt. Wer das Bild zurückgefordert hat, verrät er nicht. Sicher ist, dass es sich um die Erben Paul Rosenbergs handelt. Die Familie Rosenberg fahndet seit Kriegsende nach Kunstwerken aus ihrem Besitz. "Wir sind nicht bereit, zu vergessen oder einfach loszulassen", sagte Marianne Rosenberg, die Enkelin des Kunsthändlers, im vergangenen Jahr der "New York Times".
Staatsanwaltschaft zur Herausgabe bereit
Allerdings ist das Werk bislang von der Staatsanwaltschaft Augsburg beschlagnahmt. Sie würde das Bild herausgeben, wenn eine entsprechende Vereinbarung von Seiten Gurlitts vorgelegt wird, sagt der Sprecher der Staatsanwaltschaft Augsburg, Matthias Nickolai, im DW-Interview. Es läge nun an Gurlitt, Fakten zu schaffen. "Wenn eine Vereinbarung vorgelegt wird und der Betreuer des Beschuldigten uns mitteilt, dass wir aufgrund der Vereinbarung das Bild herausgeben dürfen, dann werden wir das tun", erklärt er.
Rückgabe des Matisse-Bildes ist der Auftakt
Allerdings bedürfe es gar keiner Vereinbarung, teilt Gurlitt-Sprecher Holzinger mit und spielt den Ball zurück an die Staatsanwaltschaft, die auf eine Vereinbarung besteht. Die Rückgabe des Matisse-Bildes sei erst der Auftakt, gibt Holzinger an. "Wir erarbeiten ein Restitutionsschema, nach welchem auch die weniger klaren Fälle gehandhabt werden", ergänzt er.
Berggreen-Merkel: Wichtiger Schritt vorwärts
Dr. Ingeborg Berggreen-Merkel, die Leiterin der von der Bundesregierung eingesetzten Task Force, begrüßt das Rückgabeangebot Gurlitts. "Wenn wir hinsichtlich aller Bilder nun zu einer Kooperation mit den Anwälten Gurlitts zum Zwecke der transparenten und wissenschaftlich fundierten Provenienzrecherche kommen könnten, dann wäre dies ein wichtiger weiterer Schritt vorwärts bei der Aufarbeitung der Schwabinger und Salzburger Kunstfunde", sagte sie gegenüber der DW.
In der Münchener Wohnung des Kunstsammlers Cornelius Gurlitt waren 2012 mehr als 1400 Kunstwerke gefunden worden. Gurlitt hatte die Werke von seinem Vater geerbt, dem Kunsthändler Hildebrand Gurlitt, der mit den Nationalsozialisten zusammengearbeitet hatte. Erst Ende 2013 wurde der Fall öffentlich. Jüngst wurden noch weitere 238 Gemälde, Aquarelle und Zeichnungen in Gurlitts Haus in Salzburg entdeckt. Hunderte Kunstwerke aus der Sammlung Gurlitts stehen unter Raubkunst-Verdacht. Nach dem "Schwabinger Kunstfund" hat die Bundesregierung eine Task Force eingerichtet, die die Herkunft der Bilder ermitteln soll.