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Fallende Ölpreise

Hannes Breustedt (dpa)28. Oktober 2014

Die Rohölpreise fallen und fallen - die die Nordseesorte Brent war zuletzt so günstig wie seit 2010 nicht mehr. Das billige Öl stützt das globale Wachstum, hat aber auch seine Tücken.

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Symbolbild Erdölförderung Erdöl Öl
Bild: picture alliance/dpa

Das größte Konjunkturpaket für die Weltwirtschaft haben keine ausgabefreudigen Politiker geschnürt - es ist flüssig und wirkt im Hintergrund. Rohöl ist der Treibstoff der Industriegesellschaft - deshalb trug der massive Preisverfall in den letzten Monaten erheblich dazu bei, dass das globale Wachstum nicht noch weiter ins Stocken geriet. Doch was passiert, wenn die Ölpreise dauerhaft unter Druck bleiben?

Preise werden weiter fallen

Die US-Investmentbank Goldman Sachs ist ein "Market Mover", ihre Prognosen bewegen die Kurse an den Finanzmärkten. Wie einflussreich der Wall-Street-Riese ist, zeigte sich am Montag einmal mehr: "The new oil order" heißt die Studie, die den Preis für US-Rohöl Sorte WTI (West Texas Intermediate) kurzzeitig unter die wichtige Marke von 80 Dollar je Barrel (159 Liter) auf den tiefsten Stand seit mehr als zwei Jahren abrutschen ließ.

Kernaussage der 21-Seiten-Analyse: Die Preise werden weiter fallen, WTI im nächsten Jahr bis unter 75 Dollar. Der Grund: Die Weltwirtschaft ersäuft im Öl - die Nachfrage ist wegen der schwachen Konjunktur zu gering und das Angebot zu hoch. Die USA haben ihre Produktion dank des Fracking-Booms kräftig ausgeweitet und fördern mittlerweile so viel Öl, wie seit mehr als 30 Jahren nicht mehr. Andere Ölnationen, wie die Länder des Opec-Kartells, verlieren zunehmend an Marktmacht.

Goldmans Rohstoff-Experten stehen mit ihrem Ausblick nicht allein. "Insgesamt sind die Preise noch nicht tief genug gefallen", sagt Expertin Amrita Sen vom Analysten-Haus Energy Aspects. "Die allgemeine Stimmung am Ölmarkt bleibt negativ", pflichtet Commerzbank-Fachmann Eugen Weinberg bei. Was für Spekulanten an den Finanzmärkten negativ ist, muss für die Wirtschaft aber nicht schlecht sein - im Gegenteil.

Chemiefabrik in Geismar Louisiana, Foto: Reuters
Nicht nur die Chemie-Branche profitiert vom billigen ÖlBild: Reuters

Billiges Öl = Wirtschaftswachstum

Billiges Öl kommt den meisten Ländern zugute: Einem Modell der Ökonomen des Internationalen Währungsfonds (IWF) zufolge lässt ein zehnprozentiger Preisrückgang die weltweite Wirtschaftsleistung um 0,2 Prozent steigen. Je günstiger das Rohöl, desto weiter sinken die Produktionskosten vieler Industrieunternehmen. Verbraucher haben mehr Geld zum Ausgeben über, weil sie Sprit- und Heizkosten sparen. In den letzten vier Monaten hat sich Öl um etwa ein Viertel verbilligt. Ein massiver Konjunkturanschub, den sich die meisten Regierungen und Notenbanken derzeit kaum leisten könnten.

Verlierer des Preisverfalls

Natürlich gibt es auch Verlierer. Dauerhaft niedrige Ölpreise belasten Volkswirtschaften, die abhängig von der Ölproduktion sind – zum Beispiel Russland, Venezuela, Saudi Arabien oder Iran. Auch für andere Wirtschaftsräume könnte ein weiterer Preisverfall unangenehme Begleiterscheinungen haben. In der Eurozone, die stark auf Energieeinfuhren angewiesen ist, lassen günstigere Ölimporte die ohnehin schon niedrige Teuerung weiter sinken und verstärken so die Furcht vor Deflation - einem Teufelskreis aus fallenden Preisen und schwacher Konjunktur.

Auch in Amerika, auf den ersten Blick größter Profiteur in Goldmans neuer globaler Öl-Ordnung, gibt es nicht nur Gewinner. Die Schieferöl-Revolution, die den Preisrutsch erst ermöglicht hat, könnte in den USA bald ihre eigenen Kinder fressen. Denn das Fracking, bei dem tiefliegende Gesteinsschichten angebohrt und das dort lagernde Schiefergas und -öl mit Hilfe von Chemikalien gelöst wird, ist relativ teuer. Bei Ölpreisen von deutlich unter 80 Dollar rechnet sich ein wesentlicher Teil der Produktion nicht mehr. Dann würde der Schieferöl-Boom und damit wohl auch der Absturz der Rohölpreise insgesamt gebremst.