Bayern mit Respekt nach Sevilla
2. April 2018Der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern wollte lieber keine großen Töne spucken: "Wir sind in den vergangenen vier Jahren gegen Mannschaften aus Spanien ausgeschieden", sagte Karl-Heinz Rummenigge vor dem Abflug seines Teams zum Champions-League-Viertelfinalhinspiel beim FC Sevilla (Dienstag 20:45 Uhr MESZ, ab 20:30 Uhr im DW-Liveticker). "Bei der Statistik darf man nicht arrogant oder gar überheblich dahin gehen. Das wird ein sehr, sehr schweres Spiel, und wir werden morgen und nächste Woche Mittwoch zwei gute Spiele brauchen, um ins Halbfinale einzuziehen."
Rummenigge hob den mahnenden und warnenden Zeigefinger sogar noch ein Stückchen höher und verwies auf das Beispiel Manchester United. Die Engländer waren im Achtelfinale als Favorit ins Duell mit Sevilla gegangen, hatten in Andalusien ein 0:0 geholt und von einem guten Ergebnis gesprochen. Dann aber setzten sich die Spanier in Manchester mit 2:1 durch und erreichten erstmals das Viertelfinale der Königsklasse. "Wir haben von Anfang an gesagt, das ist kein Glückslos, kein Traumlos", so Rummenigge.
Sevilla: Defensive als Achillesferse?
"Der Name FC Bayern ist natürlich klangvoller", sagte Thomas Müller, wollte daraus aber keinen klaren Hinweis für den Ausgang der Partie im für seine Lautstärke bekannten Estadio Ramon Sanchez Pizjuan herauslesen. Er appellierte an die Einstellung seiner Mitspieler: "Jetzt beginnen die Wochen, für die man die ganzen Vorbereitungen absolviert, im April geht es um alles. Wie wir weiterkommen, ist mir ehrlich gesagt egal, aber natürlich wollen wir morgen auf jeden Fall ein Tor erzielen." Dass Müller und die Bayern wissen, wie das geht, zeigte nicht zuletzt das beeindruckende 6:0 gegen Borussia Dortmund in der Generalprobe am Samstag.
Regelmäßig mehr Tore zu erzielen als der Gegner, ist dagegen ein wenig das Problem des FC Sevilla. Der Europa-League-Sieger von 2016, 2015, 2014, 2007 und 2006 ist in der spanischen Primera Division derzeit Sechster. Am vergangenen Wochenende sah man bereits wie der sichere Sieger gegen Tabellenführer FC Barcelona aus, gab aber in den letzten Sekunden der Partie eine 2:0-Führung noch aus der Hand und spielte nur 2:2. Die Andalusier haben mit 39:46 Treffern nach 30 Spieltagen als einzige Mannschaft unter den Top Sieben ein negatives Torverhältnis. Auch in der Champions League gab es in der Gruppenphase schon ein 1:5 in Moskau und ein 3:3 zu Hause gegen Liverpool - die Defensive als Achillesferse.
Hoffnung macht dagegen Torjäger Wissam Ben Yedder, der mit acht Treffern hinter Cristiano Ronaldo (12) auf Platz zwei in der Torschützenliste liegt. In Manchester schaffte er im Achtelfinal-Rückspiel innerhalb von vier Minuten nach seiner späten Einwechslung einen Doppelpack.
Neuer macht den nächsten Schritt
"Wir wissen, wie gut Sevilla ist, und dass wir nur mit einer gewissen Art und Weise, fußballerisch und mit dem, was im Kopf abgeht, die Chance haben, die Champions League zu gewinnen", sagte Bayern-Verteidiger Mats Hummels, einer von insgesamt 21 Bayern-Spielern, die die Reise nach Südspanien antraten. Darunter waren auch Arturo Vidal (Oberschenkelprellung) und Juan Bernat (Kapselreizung), die zuletzt beim 6:0 gegen den BVB noch angeschlagen gefehlt hatten.
Erwartungsgemäß noch nicht mit dabei ist Nationaltorwart Manuel Neuer, der aber auf dem Weg zu seinem Comeback einen weiteren kleinen Schritt gemacht hat. Der Bayern-Kapitän drehte am Montagvormittag seine Laufrunden erstmals wieder mit Fußballschuhen. Während seine Mannschaftskollegen in Richtung Sevilla abhoben, absolvierte der 32-Jährige zweimal zehn Minuten auf dem Trainingsgelände an der Säbener Straße. Wann er wieder auf dem Platz stehen wird, ist noch nicht klar. Allerdings: Wenn seine Teamkollegen in Sevilla ihre Arbeit machen, wird Neuer in dieser Saison mit Sicherheit auch noch die Gelegenheit bekommen, Champions-League-Luft zu schnuppern.