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FDP-Spitze stützt Außenminister Westerwelle

29. August 2011

Trotz massiver Kritik an der Libyen-Politik von Guido Westerwelle hält die FDP an ihrem Außenminister fest. Die Parteispitze entschied: Westerwelle darf weitermachen - dank seiner jüngsten politischen Kehrtwende.

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Guido Westerwelle (Foto: dapd)
Unter Druck: Guido WesterwelleBild: dapd

Der Druck war zuletzt immer größer geworden: Weil Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) lange Zeit kein Wort des Respekts für den NATO-Einsatz in Libyen fand, kursierten Gerüchte über seine Ablösung. Doch diese Gerüchte "decken sich nicht mit der Realität", versichert die FDP nun. Für den Parteivorsitzenden der Liberalen, Philipp Rösler, komme eine Ablösung Westerwelles nicht infrage. Der Außenminister habe mit seinem inzwischen geäußerten Lob für den erfolgreichen NATO-Einsatz gegen Libyens Machthaber Muammar al-Gaddafi zwar "spät, aber nicht zu spät" eingelenkt.

Eine für Montagvormittag (29.08.2011) geplante Pressekonferenz von Generalsekretär Christian Lindner hat die FDP offensichtlich vor dem Hintergrund der Diskussion über Westerwelle abgesagt. Die Partei nannte in Berlin Termine als Begründung für den Schritt. In der Hauptstadt wurde aber vermutet, dass die FDP-Führung den Termin absagte, um die Debatte über Westerwelle durch eine öffentliche Darbietung nicht weiter zu verlängern.

"Unser Respekt"

Westerwelle selbst hat nach der massiven Kritik der vergangenen Tage den beim Libyen-Einsatz mitwirkenden NATO-Partnern nochmals "Respekt" gezollt. "Wir sind froh, dass die Herrschaft des Gaddafi-Regimes zu Ende ist", sagte Westerwelle am Montag (29.08.2011) bei einer Konferenz der deutschen Auslands-Botschafter in Berlin. "Gerade weil wir die Chancen und Risiken anders abgewogen haben, gilt unser Respekt Frankreich und unseren Verbündeten bei der Durchsetzung der Resolution 1973."

Im Beisein des französischen Außenministers Alain Juppé betonte Westerwelle vor den mehr als 200 versammelten Botschaftern: "Deutschland ist auch künftig bereit, internationale Verantwortung zu übernehmen. Dazu kann als Ultima Ratio auch der Einsatz von militärischer Gewalt gehören." Deutschland werde aber auch künftig grundsätzlich bei seiner "Kultur der militärischen Zurückhaltung" bleiben. - Zur Kritik an seiner Politik äußerte sich der FDP-Politiker dagegen nicht.

Auf Distanz

Westerwelle hatte in den vergangenen Tagen scharfe Kritik auch aus den eigenen Reihen geerntet, weil er das bevorstehende Ende des Gaddafi-Regimes auf die von Deutschland unterstützten Sanktionen zurückgeführt hatte - nicht aber auf den NATO-Einsatz, an dem sich Deutschland nach einer Enthaltung um UN-Sicherheitsrat nicht beteiligte. Daraufhin hatte sich FDP-Chef Rösler von Westerwelle distanziert und erklärt: "Unser tiefer Respekt und unsere Dankbarkeit gelten auch unseren Verbündeten, die Gaddafis Mordeinheiten entscheidend in den Arm gefallen sind." Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel lobte den NATO-Einsatz: "Wir stehen fest zu unseren Verbündeten und zur NATO, für deren Einsatz ich tiefen Respekt habe."

Joschka Fischer (Foto: dapd)
Westerwelle-Kritiker: Ex-Außenminister Joschka FischerBild: dapd

Der frühere deutsche Außenminister Joschka Fischer (Bündnis90/Die Grünen) stellte Westerwelle und der Regierung ein verheerendes Zeugnis aus. "Das Verhalten der Bundesregierung im Libyen-Konflikt mit der Enthaltung im UN-Sicherheitsrat ist ein einziges Debakel, vielleicht das größte außenpolitische Debakel seit Gründung der Bundesrepublik", sagte Fischer dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Westerwelle habe die westlichen Partner vor den Kopf gestoßen.

Rösler soll Westerwelle schließlich in mehreren Telefonaten dazu gedrängt haben, seine Äußerungen klarzustellen. Und der Minister sah sich wohl zur Kehrtwende gezwungen. Nach langem Zögern äußerte er in einem Gastbeitrag für die Zeitung "Welt am Sonntag" "Respekt für das, was unsere Partner zur Erfüllung von Resolution 1973" des UN-Sicherheitsrates geleistet hätten. "Wir sind froh, dass es den Libyern auch mithilfe des internationalen Militäreinsatzes gelungen ist, das Gaddafi-Regime zu stürzen", schrieb Westerwelle. Aus der FDP hieß es daraufhin, nun sei "ein Ablösungswille" nicht mehr vorhanden.

"Dritte Chance"

Philipp Rösler und Guido Westerwelle (Foto: dpa)
Wachablösung im Mai: Rösler folgt Westerwelle als FDP-ChefBild: picture alliance/dpa

Offen ist, ob auf der bevorstehenden Herbstklausur der FDP-Fraktion auf Schloss Bensberg bei Köln die Personalie Westerwelle noch einmal hochkocht. Denn der Unmut bei den Freien Demokraten über den ehemaligen Parteichef ist groß. Auf dem Rostocker Parteitag im Mai - wo Rösler nach zehn Westerwelle-Jahren den Vorsitz übernahm - sei dem Außenminister aufgrund seiner großen Verdienste für die Partei eine zweite Chance eingeräumt worden", heißt es in FDP-Kreisen. Inzwischen laute die Einschätzung: "Wir sind bereits im Bereich der dritten Chance."

Autorin: Julia Elvers-Guyot (dapd, dpa, rtr)
Redaktion: Annamaria Sigrist