Festnahmen und Feiern in der Türkei
11. Juli 2017Insgesamt 105 Haftbefehle gegen Mitarbeiter im Technologiesektor seien ausgestellt worden, berichtete die amtliche Nachrichtenagentur Anadolu. Rund die Hälfte der gesuchten Angestellten in mehreren Provinzen seien bereites festgenommen worden. Darunter seien auch ehemalige Mitarbeiter des Wissenschaftszentrums Tubitak sowie einer Telekommunikationsbehörde.
Ihnen wird vorgeworfen, am Putschversuch im Juli vergangenen Jahres beteiligt gewesen zu sein. Sie sollen die verschlüsselte Messenger-App ByLock genutzt haben. Die Regierung in Ankara sieht darin ein Kommunikationsmittel der Anhänger des in den USA lebenden Predigers Fetullah Gülen, den sie für den Putschversuch verantwortlich macht. Gülen dementiert, dass er mit dem Umsturzversuch etwas zu tun hatte.
Bereits am Montag hatte die türkische Justiz Medienberichten zufolge weitere Haftbefehle gegen 72 Universitätsmitarbeiter ausgestellt, darunter soll auch ein ehemaliger Berater des führenden Oppositionspolitikers Kemal Kilicdaroglu sein.
Gedenkfeierlichkeiten anlässlich der Putschniederschlagung
Seit dem Putschversuch wurden rund 50.000 Menschen wegen mutmaßlicher Kontakte zur Gülen-Bewegung festgenommen und rund 150.000 Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes, der Justiz, der Polizei und des Militärs entlassen oder vom Dienst suspendiert.Bei dem Putschversuch am 15. Juli 2016 starben nach offiziellen Angaben 249 Menschen. Zum Gedenken an die Niederschlagung der Revolte haben in der Türkei im ganzen Land Feierlichkeiten begonnen. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan und Ministerpräsident Binali Yildirim besuchten einen "Märtyrerfriedhof" im Istanbuler Stadtteil Edirnekapi, wie der Sender CNN Türk berichtete. An der Grabstätte sind demnach 15 Todesopfer des Putschversuchs begraben.
Die Gedenkveranstaltungen gehen bis Sonntag. In der Nacht vom 15. auf den 16. Juli wird von den Minaretten von 90.000 Moscheen ein besonderer Gebetsruf erklingen, wie in der Putschnacht, als sich die Muezzins gegen die Umstürzler stellten. Zudem soll es sogenannte, von der Regierungspartei AKP organisierte "Demokratiewachen" geben. Höhepunkt ist dann eine Ansprache von Präsident Erdogan in der Nacht zu Sonntag um 02.32 Uhr im Parlament. Zu diesem Zeitpunkt wurde das Parlament vor einem Jahr von Putschisten bombardiert.
Die beiden Oppositionsparteien CHP und HDP sind hierzu allerdings nicht eingeladen. Dies wurde von Bülent Teczan, dem Sprecher der größten Oppositionspartei CHP kritisiert. Der Deutschen Presse-Agentur sagte Teczan: "Das ist gegen die Gepflogenheiten, das Parlament gehört nicht einer Gruppe." Die islamisch-konservative Regierungspartei versuche damit, "die Gesellschaft zu spalten".
rk/as (rtr, dpa, ap)