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Opel macht Bochum dicht

Klaus Deuse17. April 2013

Zum Schluss war das Aus für das Bochumer Opel-Werk nur noch reine Formsache. Beim Ringen um das eigene Überleben kannten die deutschen Standorte keine Solidarität - und die Politik sah lediglich zu.

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Ein Mitarbeiter traegt vor dem Tor 1 des Opel-Werks in Bochum am Rande einer Betriebsversammlung ein T-Shirt der Industriegewerkschaft (IG) Metall mit der Aufschrift "Wir bleiben Bochum" (Foto: dapd)
Betriebsversammlung Bochum Opel WerkBild: Reuters

Den Kampf um den Erhalt ihres Werkes über 2014 hinaus konnten die 4.200 Opelaner in Bochum nicht mehr gewinnen. Nachdem sie im März den Sanierungsplan für den Autobauer mit großer Mehrheit abgelehnt hatten, reagierte das Management prompt mit der Ankündigung, die Autoproduktion bereits Ende kommenden Jahres und nicht, wie ursprünglich geplant, 2016 auslaufen zu lassen. In einem Brief an den Wirtschaftsausschuss des nordrhein-westfälischen Landtages stellte der neue Opel-Chef Karl-Thomas Neumann unmissverständlich klar: "Das ist nicht mehr verhandelbar." Der Stilllegungsbeschluss des Aufsichtsrates galt somit als vorprogrammiert.

Bis zuletzt hatte sich Rainer Einenkel, der Vorsitzende des Bochumer Betriebsrates, auf ein sogenanntes Master-Agreement aus dem Jahr 2012 mit dem Vorstand berufen, in dem die Produktion des Modells "Zafira" exklusiv für das Bochumer Werk festgeschrieben sei. Schließlich will Opel nach derzeitiger Planung den "Zafira" bis mindestens Ende 2016 vom Band laufen lassen. Allerdings nicht mehr in Bochum. Betriebsratschef Einenkel rechnet mit Massenentlassungen. Doch die, gibt er sich kämpferisch, "werden sicher nicht geräuschlos ablaufen."

GM nimmt für Opel Geld in die Hand

Bochum schon früh im Visier

Dass die Bochumer Belegschaft im Gegensatz zu den Kollegen an den anderen Standorten in Deutschland den mit der IG Metall und der Unternehmensspitze ausgehandelten Sanierungstarifvertrag abgelehnt hat, kommt den Managern der Opel-Mutter "General Motors" durchaus gelegen. Angesichts immenser Verluste war von Beginn an klar, dass eines der unausgelasteten Werke auf der Strecke bleiben musste. Getroffen hat es den Standort Bochum, den die GM-Spitze schon früh im Visier hatte. Nach der Ablehnung des Sanierungsplanes glauben die Manager, nun zumindest eine Teilschuld für das vorzeitige Aus auf die Belegschaft abwälzen zu können.

Beim Ringen um das eigene Überleben konnten die Bochumer Opelaner schon lange nicht mehr auf die Solidarität der anderen Standorte bauen. Vor allem das Verhältnis zum Gesamtbetriebsrat bezeichnen Insider als zerrüttet. Den Vorwurf, im Alleingang zu hoch gepokert zu haben, weist der Bochumer Betriebsratschef Einenkel wiederum energisch zurück. Er vermisste verbindliche Zusagen der Opel-Spitze über die Größenordnung von noch zu erhaltenden Arbeitsplätzen sowie für die Schaffung von Ersatzstellen und die Einrichtung einer Transfergesellschaft.

Nun haben die Bochumer nichts in der Hand. Aus dem Interessenkonflikt zwischen den Standorten ging auch die IG Metall nicht schadlos hervor. Wenn die Gewerkschaftsvertreter im Aufsichtsrat das Aus für Bochum mit besiegeln, müssen das die Bochumer Kollegen als Schlag ins Gesicht betrachten. Schließlich hatte sich die Zentrale der IG Metall für die Zustimmung zum Sanierungskonzept ohne Bochum entschieden. Gewerkschaftliche Geschlossenheit sieht anders aus.

General Motors spart sogar noch Geld

General Motors kommt das Aus für die Produktion in Bochum dagegen gut zupass. Dass GM nach den Worten des Bochumer Betriebsratschef Einenkel vor der teuersten Werksschließung aller Zeiten stehe, bestreitet der Konzern energisch. Brancheninsider gehen übrigens davon aus, dass der Sozialplan und Abfindungen GM bis zu 400 Millionen Euro kosten dürften. Damit würde der Konzern gegenüber dem Sanierungsvertrag sogar noch bis zu 500 Millionen Euro sparen.

Und nachdem das Ende für das Bochumer Werk offenbar nur noch eine Formsache war, macht General Motors für die Tochtermarke Opel postwendend Geld locker. Und zwar nicht zu knapp. Bei seiner Deutschland-Visite kündigte GM-Konzernchef Dan Akerson vor wenigen Tagen an, rund vier Milliarden Euro in die Entwicklung neuer Modelle und Motoren zu investieren. Darüber freuten sich für die Werke in ihren Ländern Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) und seine rheinland-pfälzische Kollegin Malu Dreyer (SPD).

Politik war nur Zuschauer

Ein Besuch bei NRW-Ministerpräsidenten Hannelore Kraft stand nicht auf dem Programm. Das leidige Thema Bochum hatte sich für die GM-Spitze augenscheinlich bereits erledigt. Ebenso wie für Kanzlerin Angela Merkel, die gegenüber den GM-Bossen auf Appelle verzichtete, mit dem Betriebsrat doch noch einmal neu über einen Sanierungsplan zu verhandeln. Die Bochumer Opelaner hat es verbittert, dass sich die Politik quasi auf eine Zuschauerrolle beschränkte.

Die Einflussmöglichkeiten einer Landesregierung sind fraglos beschränkt, denn letztendlich entscheidet das Management über Standorte. Andererseits geht es um weit mehr als die 4.200 Arbeitsplätze im Werk, so dass die politische Zurückhaltung schon verwundert. Erklären lässt sie sich nur damit, dass man die GM-Spitze nicht vor den Kopf stoßen will, um sie zumindest mit ins Boot der noch zu gründenden Gesellschaft "Bochum Perspektive 2022" zu holen.

Auch mit einer finanziellen Beteiligung, um das riesige Gelände für Investoren nach der Autoproduktion zu erschließen. Mehr als eine Absichtserklärung von Opel liegt dazu nicht vor. Bleibt die Frage, ob und wie sich die Bochumer Opelaner in ihr Schicksal fügen. Wilde Streiks, um in der Endphase die Autoproduktion zum Schaden von Opel und GM zu behindern, scheinen nicht ausgeschlossen.