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Keine Unterstützung für Flüchtlinge

Katrin Gänsler31. Mai 2013

Aus Angst vor Rebellen, Islamisten und Terroristen sind innerhalb eines Jahres 475.000 Menschen aus dem Norden Malis geflohen. Doch weit entfernt von der Heimat ist das Leben ein täglicher Kampf.

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Malische Flüchtlinge (Foto: Katrin Gänsler)
Bild: DW/K. Gänsler

Aïsha Yattara wiegt ihren zwei Monate alten Sohn auf dem Schoß hin und her. Das Baby ist quengelig und fängt immer wieder an zu weinen. Die junge Mutter versucht, den Kleinen zu beruhigen, doch das gelingt ihr nur für ein paar Minuten. "Das Kind ist krank", sagt sie und weiß: Eigentlich müsste sie dringend zum Arzt. Doch dafür fehlt ihr das Geld. Ihre letzte Hoffnung ist ihre ältere Schwester. "Wenn sie kommt und Geld bringt, dann können wir zum Arzt gehen und den Kleinen untersuchen lassen."

Schon seit Monaten fehlt Yattara und ihrer Familie Geld für das Nötigste. Seit Juni 2012 lebt die junge Frau mit ihrem Mann, ihrer Mutter, zehn Geschwistern und den beiden eigenen kleinen Kindern in der malischen Hauptstadt Bamako. Die politische Entwicklung im Norden des Landes zwang sie zur Flucht aus ihrer Heimatstadt Gao.

Aïsha Yattara hält ihr zwei Monate altes Baby in den Armen (Foto: Katrin Gänsler)
Aïsha Yattara sorgt sich um ihr BabyBild: DW/K. Gänsler

Flucht aus Angst vor Islamisten

Im Frühjahr 2012 eroberte die "Nationale Bewegung für die Befreiung von Azawad" (MNLA) Gao. Wenig später kam die islamistische Gruppierung MUJAO - die Vereinigung für Einheit und Dschihad in Westafrika - und verdrängte die MNLA. Deren Kämpfer führten die Scharia ein und legten sie besonders rigide aus. Für Yattara und ihre Familie wurde das Leben unerträglich. Es blieb nur noch die Flucht in die Hauptstadt Bamako.

Fatouma Arbi, die Mutter von Aïsha, ärgert sich Tag für Tag über das Leben in der großen Stadt: "Bamako ist schwierig für jemanden, der keine Arbeit hat. Ich habe keine, meine Kinder auch nicht, und mein Mann ist gestorben."

Staatliche Hilfe fehlt

Eine regelmäßige und zuverlässige Unterstützung gibt es für ihre Familie und die übrigen Binnenflüchtlinge nicht. Sie zehren von ihren Ersparnissen oder werden von Verwandten unterstützt. Nach aktuellen Schätzungen des Flüchtlingshilfswerkes der Vereinten Nationen (UNHCR) leben noch immer mehr als 300.000 Menschen nicht mehr in ihrer Heimat, sondern in anderen Regionen Malis. Fast 175.000 weitere sind in die Nachbarländer geflohen. Die meisten der Binnenflüchtlinge dürften in Bamako sowie in den Städten Mopti und Sévaré Unterschlupf gefunden haben - entweder bei Familienangehörigen oder in angemieteten Häusern.

Dort sind sie nun auf sich allein gestellt. "Das Essen?", schnaubt Fatouma Arbi fast verächtlich, "das wird uns manchmal von ein paar Leuten gebracht. Ich habe zwar einen Bruder, der in Bamako lebt. Der hat auch drei-, viermal etwas gebracht, aber nicht jeden Tag." Noch mehr Sorgen macht ihr die Miete. Im Stadtteil Bako Djikoroni hat sie zwar eine Wohnung gefunden. Die hat drei kleine Zimmer und liegt in einem Hinterhof. 50.000 CFA-Franc, das sind etwa 75 Euro, muss sie für die Unterkunft zahlen. "Seit zwei Monaten bin ich aber schon im Rückstand. Die schmeißen mich noch raus. Ich weiß nicht, wie ich das bezahlen soll", klagt sie.

Infografik Flüchtlinge Mali (Grafik: DW)

Für die Rückkehr zu früh

Das UNHCR kennt die Probleme der Flüchtlinge. Eduardo Cue, Sprecher in Bamako, berichtet, dass die Organisation zurzeit überprüft, ob Mietkosten übernommen werden könnten. Denn das teure Leben in der Hauptstadt treibt nun die ersten Flüchtlinge zurück in die Heimat. Dort gelten die Städte Gao und Timbuktu zwar wieder als einigermaßen sicher. Aber vor den Präsidentschaftswahlen, die am 28. Juli stattfinden sollen, könne es zu neuen Spannungen kommen, sagt Cue.

Das UN-Flüchtlingshilfswerk warnt deshalb vor einer übereilten Rückkehr: "Wir würden gerne sehen, dass die Verwaltung erst wieder in den Norden zurückkehrt. Damit kann Sicherheit und Normalität geschaffen werden", so Cue. Doch bis das soweit ist, könnten noch einige Monate vergehen.

Malische Binnenflüchtlinge (Foto: Katrin Gänsler)
Plötzlich 25: Flüchtlinge aus Gao haben bei Verwandten in Sévaré Unterschlupf gefundenBild: DW/K. Gänsler

Fatouma Abri will nicht so lange warten. Sie möchte zurück nach Gao - und die ständige Sorge um Nahrungsmittel endlich hinter sich lassen. Raus aus den Mietschulden, raus aus der Hauptstadt Bamako, in die sie freiwillig nie gezogen wäre. "Sie sagen, es geht jetzt wieder besser in Gao", versucht sie sich selbst Hoffnung zu machen. "Deshalb versuche ich nun an Geld zu kommen, um nach Gao zurückzukehren. Wenn ich das Geld hätte, würde ich noch heute Abend zurückfahren."