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Fragen nach Fairness und Rechtsstaatlichkeit

Peter Philipp30. Juni 2004

Das Verfahren gegen Iraks Ex-Diktator Saddam Hussein rückt mit seiner Überstellung an Iraks Justiz näher. Ein Kommentar von Peter Philipp.

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Mit der offiziellen Machtübergabe - oder was man so als "Macht" bezeichnet - an die irakische Übergangsregierung hören die USA offiziell auf, Besatzer im Irak zu sein. Washington muss nun Auflagen erfüllen, die ihm aus internationalen Konventionen erwachsen, besonders der Genfer Konvention: Die USA dürfen nicht länger Kriegsgefangene im Irak festhalten, sondern sie müssen sie freilassen oder - sollte es sich um mögliche Verbrecher handeln - den irakischen Behörden überstellen.

Zweifellos an erster Stelle solcher Leute steht der frühere Staatspräsident Saddam Hussein, der sich seit seiner Festnahme im Dezember in einem US-Gefängnis im Irak befindet. Saddam ist diesen Mittwoch (30.6.) dem Irak überstellt worden; ein gutes Dutzend seiner engsten Mitarbeiter wird wahrscheinlich bald folgen.

Symbolischer Akt

Zunächst ist dies zwar nur ein eher symbolischer Akt, denn solange die Regierung nicht entsprechende Gefängnisse hat, werden die USA Saddam weiter gefangen halten - aber gleichsam in Stellvertretung für die irakische Regierung. Erst wenn geeignete Vorkehrungen getroffen sind, wird der Ex-Diktator Einzug halten in ein staatliches Gefängnis.

Wann ihm der Prozess gemacht wird, steht allerdings noch nicht fest. Nach bisherigen Prognosen dürfte dies noch Monate dauern. Ebenso ist offen, wie dieser Prozess ausgehen kann: Der gerade abgereiste bisherige US-Beauftragte für den Irak, Paul Bremer, hatte die Todesstrafe abgeschafft, führende Mitglieder der Übergangsregierung - unter ihnen auch Iyad Allawi - haben sich aber bereits öffentlich für die Todesstrafe ausgesprochen.

Zweifel am Verfahren

Solches Vorgehen lässt einige Zweifel aufkommen an Stil und Rechtsstaatlichkeit des geplanten Prozesses, es verdeutlicht aber auch das Dilemma der Verantwortlichen: Der Irak ist nun einmal kein Rechtsstaat. Noch nicht. Er war es nie und niemand weiß, ob und wann er es werden wird. Man darf dabei aber nicht so weit gehen wie der jordanische Chef der Saddam-Verteidigung, der die dem Diktator vorgeworfenen Verbrechen einfach dementiert und von einem "illegalen Prozess" spricht. Die Verbrechen sind belegt und es ist sicher "legal", einem Mann wie Saddam den Prozess zu machen.

Aber es stellt sich eben die Frage, wie dies geschehen soll. Hätten die USA Saddam vor Gericht gestellt, dann wäre dieser Prozess als Musterbeispiel von Siegerjustiz in die Geschichte eingegangen und hätte antiamerikanische Gefühle in der arabischen und islamischen Welt weiter verstärkt, obwohl man dort wenig Sympathie für Saddam Hussein aufbringt. Eine Alternative wäre ein internationaler Prozess wie der gegen Slobodan Milosevic in Den Haag gewesen, aber dazu fehlten einmal das Tribunal und zum zweiten die internationale Bereitschaft.

Verantwortung der USA

Bleibt die Überstellung an die Iraker und ein Prozess vor einem irakischen Gericht. Mit all den erwähnten Schwächen, Zweifeln und Gefahren. Den Vereinigten Staaten dürfte klar sein, dass die Überstellung sie nicht von ihrer Verantwortung befreit: Verantwortung dafür, dass Recht gesprochen und nicht ein Willkürurteil gefällt oder "kurzer Prozess" gemacht wird. Selbst wenn im Laufe eines langen und korrekten Prozesses wohl einiges Unangenehme bekannt werden dürfte über die frühere enge Zusammenarbeit zwischen Saddam und Washington.