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Französisch für alle

Stephanie Höppner3. Februar 2014

Eine zweite Verkehrssprache für das Saarland: Ab 2043 soll in Verwaltung und Schulen auch Französisch gesprochen werden. Doch die Idee stößt auf große Skepsis.

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Kinder im Unterricht (Foto: picture alliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Eine Generation soll es dauern - dann sollen nach dem Willen der saarländischen Landesregierung zumindest die Jüngeren fließend Französisch parlieren können. In dem an Frankreich angrenzenden Bundesland soll Französisch bis 2043 zur Verkehrssprache gemacht werden. Setzt sich dieser Vorschlag durch, wäre das Saarland das einzige zweisprachige Bundesland.

"Wir möchten gerne, dass die Kinder, die im letzten oder in diesem Jahr geboren werden, von vornherein zweisprachig heranwachsen können", erklärt Christine Klos aus dem Büro von Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) der DW. Dazu hat die Landesregierung vor wenigen Tagen eine Reihe von Vorschlägen unterbreitet: So sollen in etwa der Hälfte aller Kindertagesstätten neben deutsch- auch französischsprachige Erzieherinnen und Erzieher arbeiten. In der Grundschule ist ab der ersten Klasse Französisch vorgesehen, auch an weiterführenden Schulen ist mehr Französisch-Unterricht geplant. Bei der Landesverwaltung müssten sich die Mitarbeiter auf Schulungen gefasst gemacht, bei Neueinstellungen könnte auf Zweisprachigkeit Wert gelegt werden.

Mehr Pendler aus Frankreich

Schon jetzt pendeln jeden Tag rund 18.000 Menschen aus dem nahen Lothringen für ihren Job ins Saarland. Nach dem Willen der Landesregierung sollen es künftig noch viel mehr werden. "Wir wollen die Schnittstelle zweier so großer Volkswirtschaften wie Deutschland und Frankreich noch besser und systematischer nutzen können", erklärt Klos. Auch auf finanzstarke Touristen auf Shoppingtour hofft das kleinste deutsche Flächenland. Französische Unternehmen könnten sich dank französischsprachiger Infrastruktur leichter ansiedeln.

Saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (Foto: dapd)
Das Saarland als mehrsprachiger Raum - eine Idee von Ministerpräsidentin Kramp-KarrenbauerBild: dapd

Doch der Vorschlag stößt bei der Opposition auf wenig Begeisterung: Das Saarland ist hoch verschuldet, will eigentlich rund 2400 Stellen in seiner Verwaltung abbauen. Was auf die Saarländer an Mehraufwand zukommt, ist noch unklar. "Die Kosten können wir im Einzelnen nicht abschätzen", sagt Klos. Bis zum Sommer wird das Konzept mit Bürgern und Verbänden diskutiert. Erst danach steht fest, welche Vorschläge tatsächlich umgesetzt werden. Grundsätzlich sei aber eine französischsprachige Kraft in der Kita nicht teurer als eine deutsche, schätzt Klos.

Druck von Eltern

Frank Baasner, Direktor des Deutsch-Französischen Instituts in Ludwigsburg, sieht dagegen einen "riesigen Weiterbildungs- und Verwaltungsaufwand" auf das kleine Land zurollen. Auch wenn im Saarland 58 Prozent der Schüler Französisch lernen und damit deutlich mehr als die 19 Prozent im Bundesdurchschnitt - für eine zweite Verkehrssprache reicht es noch nicht. "Es läuft darauf hinaus, dass die jetzigen Verwaltungs-Mitarbeiter Französisch lernen müssen - das kann nicht jeder, das weiß ich genau aus der Zusammenarbeit", sagt er im DW-Gespräch.

Das Saarland ist nicht das erste Bundesland mit dieser Idee: Auch das grenznahe Baden-Württemberg wollte vor einigen Jahren Französisch als erste Fremdsprache etablieren - und stieß auf den erbitterten Widerstand der Eltern, die Englisch für ihre Kinder bevorzugten. Nach einem verlorenen Gerichtsprozess verschwand die Idee wieder in der Schublade. Für den Romanisten Baasner ein Fall, der sich wiederholen könnte: "Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass man mit politischem Druck und Zwang nur schlecht etwas bewirken kann."

Frank Baasner vom Deutsch-Französischen Institut in Ludwigsburg (Foto: Deutsch-Französisches Institut)
"Riesiger Verwaltungsaufwand": Frank BaasnerBild: Werner Kuhnle/dfi

Er rechnet auch hier mit heftigem Druck seitens der Eltern, auch wenn das kleine Bundesland historisch gesehen viel mit Frankreich verbindet: Nach dem Zweiten Weltkrieg war es zunächst französisches Protektorat. Erst 1957 wurde es nach einer Volksabstimmung offizielles deutsches Bundesland. Dennoch - auch hier sei eher Englisch die Lingua franca, vermutet er.

Symbolischer Charakter

Zudem fehlen aus Baasners Sicht die nötigen Argumente für den Umbruch, denn die Arbeitslosigkeit im französischen Lothringen ist deutlich höher als im Saarland. Das grenzüberschreitende Pendeln für den Job dürfte einseitig bleiben. Im nahe gelegenen Luxemburg brummt die Wirtschaft zwar, doch Französischkenntnisse sind dank der Amtssprache Deutsch nicht nötig.

Für ihn hat das Projekt vor allem symbolischen Charakter: "Man will das Saarland positionieren, das ist ein politisches Ziel." Denn das Bundesland mit seiner knappen Million Einwohner gilt oft als zu klein, um weiter zu existieren. "Mit der Einführung einer zweiten Verkehrssprache könnte man aber sagen, wir sind wirklich etwas Besonderes."