Reaktionen auf Katanga-Urteil
23. Mai 2014Zwölf Jahre Gefängnis für den kongolesischen Rebellenführer Germain Katanga: So hat am Freitag (23.05.2014) der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag entschieden. Die Verkündung des Strafmaßes war auch im Ostkongo mit Spannung erwartet worden. Ein Bewohner der Stadt Beni zeigte sich einem DW-Reporter gegenüber zufrieden: "Katanga hat Menschen massakriert und getötet. Dass er nun zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt worden ist, wird andere Feinde des Friedens davon abhalten, ähnliche Verbrechen zu begehen."
"Wir sind sehr zufrieden mit diesem Urteil", beteuerte ein anderer. "Besonders wir im Osten leiden seit Langem unter diesem Krieg - und unter dieser Art der Kriegsführung." Indem sie morden, plündern und Dörfer niederbrennen, richten die Milizen ihre Gewalt maßgeblich gegen die Zivilbevölkerung. Seit Mitte der 1990er Jahre ist der Ostkongo immer wieder Schauplatz von gewaltsamen Konflikten. Noch heute sind dort mehr als 20 verschiedene Milizen aktiv. Germain Katanga muss seine Strafe für seine Beteiligung in einem Konflikt im Bezirk Ituri vor mehr als zehn Jahren absitzen. Der Konflikt hatte als Streit um Landnutzungsrechte begonnen und sich zu einem ethnischen Konflikt zwischen den Hema-, Lendu- und Ngiti-Volksgruppen ausgeweitet. Nichtregierungsorganisationen warnten damals vor einem Völkermord.
Gezielte Massaker
Bereits am 07.03.2014 hatte der IStGH Katanga für schuldig befunden, im Februar 2003 an einem Massaker in dem Dorf Bogoro beteiligt gewesen zu sein. Dieses Massaker sei von besonderer Grausamkeit gewesen, betonte nun der vorsitzende Richter Bruno Cotte, der das Strafmaß verkündete. Besonders schwer wog in den Augen des Gerichts auch die ethnische Dimension der Gewalt: Katangas Rebellengruppe "Kräfte des patriotischen Widerstands in Ituri" (FRPI), die sich aus Angehörigen der Volksgruppe der Ngiti zusammensetzte, massakrierte gezielt die Hema-Bevölkerung in Bogoro.
Dennoch verhängten die Haager Richter mit 12 Jahren eine vergleichsweise milde Strafe: Die Anklage hatte 22 bis 25 Jahre gefordert. Zugute hielten die Richter Katanga, dass er sich aktiv in den Prozess eingebracht habe, Kindersoldaten in Ituri in das zivile Leben zurückzuführen. Zudem hatten sie nicht allen Anklagepunkten stattgegeben: Verurteilt wurde Katanga wegen Mordes, Angriffen auf die Zivilbevölkerung, Zerstörung und Plünderei. In den Anklagepunkten der Vergewaltigung und sexuellen Versklavung reichten den Richtern hingegen die Beweise nicht aus.
Vergewaltigung weiter straffrei
Enttäuschend finden das Frauen im Ostkongo. "Katanga soll für die Verbrechen verurteilt werden, die er begangen hat", sagte eine Frau in Beni der Deutschen Welle. Sie ist von seiner Schuld in diesem Punkt überzeugt. "Indem er Frauen vergewaltigt hat, hat er sie moralisch getötet." Die Richter hätten den Schwerpunkt auf die sexuellen Verbrechen legen müssen, so ihre Einschätzung. Zehntausende Frauen im Kongo werden jährlich Opfer von Vergewaltigung, schätzen Menschenrechtsorganisationen. Viele fühlen sich mit dem Problem im Stich gelassen. "Hier im Kongo sehen viele Vergewaltigung als Spiel an", so eine Frau in Beni. "Aber für uns Frauen und Mütter ist es hart, wir leiden darunter." Dass Katanga nicht straffrei ausgeht, ist für sie ein schwacher Trost.
Einen Mitangeklagten, Mathieu Ngudjolo, sprach der IStGH im Jahr 2012 frei. Die Beweise hätten für einen Schuldspruch nicht ausgereicht, sagten die Richter damals. Auch die Verbrechen der Hema-Milizen wurden in Den Haag verhandelt: Im gleichen Jahr verurteilte das Gericht Thomas Lubanga zu vierzehn Jahren Haft. Doch auch in seinem Fall ging es nicht um sexuelle Gewalt. Das Urteil beschränkte sich damals auf die systematische Rekrutierung von Kindersoldaten.