Friedensplan für Syrien?
17. Februar 2013Mit Regierungsvertretern reden - das kam für die Gegner des syrischen Regimes lange Zeit nicht in Betracht. Seit Präsident Baschar al-Assad vor knapp zwei Jahren begonnen hat, gewaltsam gegen Oppositionelle vorzugehen, die im Zuge des so genannten arabischen Frühlings auf die Straße gingen, fordern viele Syrer seinen Sturz. Denn sie machen ihn verantwortlich für den Bürgerkrieg, der das Land in eine tiefe Krise gestürzt hat. Bei den Kämpfen zwischen Regierungstruppen und Rebellen sind nach Schätzungen der Vereinten Nationen mittlerweile über 70.000 Menschen ums Leben gekommen. Während das Regime mit Waffen aus Russland und Iran versorgt wird, bekommen die Aufständischen Unterstützung unter anderem aus Katar - ein Grund, warum sich keine der beiden Seiten militärisch durchsetzen kann.
Änderung der Strategie
In der Region ist damit die Sorge gewachsen, dass Syrien - wie das Nachbarland Libanon - immer stärker in ethnische und konfessionelle Machtbereiche zerfällt. Neben den Alawiten, zu denen Präsident Assad gehört, befürchten inzwischen auch zahlreiche Angehörige anderer Minderheiten wie Christen, Drusen oder Kurden eine Machtübernahme der sunnitischen Mehrheit, die den Kern der bewaffneten Opposition ausmacht. Besonders die sunnitischen Dschihadisten haben im Westen und in vielen Hauptstädten der Region große Sorge ausgelöst: Sie haben zum Teil Kontakt zum Terrornetzwerk Al-Kaida und kämpfen vor allem gegen die zu den Schiiten gerechneten Alawiten.
Um dem andauernden Blutvergießen ein Ende zu setzen, scheinen die Regierungsgegner nun bereit, ihre Strategie zu ändern. So hat die oppositionelle Syrische Nationalkoalition in der vergangenen Woche Bedingungen für Gespräche mit Vertretern der Regierung genannt. "Auf Seiten der Opposition versteht man, dass man das Regime in naher Zukunft nicht militärisch stürzen kann", sagt Erik Mohns, Politikwissenschaftler und Syrien-Experte an der University of Southern Denmark, im Gespräch mit der Deutschen Welle. In dem Vorstoß von Koalitionschef Moas al-Khatib heißt es unter anderem, die Opposition würde als Gesprächspartner nur Regierungsmitglieder akzeptieren, die sich nicht an der Niederschlagung des Aufstandes beteiligt hätten. Mitglieder der Baath-Partei, die Syrien seit 1963 regiert, könnten mitreden, wenn "an ihren Händen kein Blut klebt", sagte Politbüro-Mitglied Walid Bunni, der sich hinter den Vorstoß von Moas al-Khatib stellte.
Doch dieser Vorstoß sorgt innerhalb der zersplitterten Opposition nicht nur für Zustimmung. Von der einzigen wirklich organisierten Gruppe in der politischen Opposition, der Muslimbruderschaft, wurde der Plan zunächst als schädlich für die Revolution kritisiert. Dennoch sollen die in den vergangenen Wochen erarbeiteten Bedingungen voraussichtlich am Mittwoch (20.02.2013) den 70 Mitgliedern der Koalitionsversammlung zur Zustimmung vorgelegt werden. Das würde der Initiative international mehr Gewicht verleihen.
Wenig Chance auf Frieden
Die syrische Führung erklärte in einer ersten Reaktion auf den Vorstoß vergangene Woche, sie sei gegen jeden Dialog, der lediglich zum Ziel habe, die Macht einer anderen Seite zu übertragen. Außerdem hielt sie an ihrer Forderung fest, dass Gespräche nur innerhalb Syriens stattfinden dürften. Der internationale Sondergesandte für Syrien, Lakhdar Brahimi, hat die Dialogsbereitschaft der Opposition begrüßt und vorgeschlagen, dass sich die Oppositionellen mit einer Delegation der syrischen Regierung in Räumlichkeiten der Vereinten Nationen zu Gesprächen treffen könnten.
Noch ist allerdings unklar, welcher Regierungsvertreter von der Opposition als Verhandlungspartner akzeptiert würde. "Denn in einem Sicherheitsstaat wie Syrien ist es problematisch festzustellen, inwiefern bestimmte Leute an der Niederschlagung der Proteste beteiligt waren und welche Macht habenden Leute nicht daran beteiligt waren", sagt Mohns. Der Syrien-Experte rechnet deshalb nicht mit einem baldigen Fortschritt in Sachen Friedensgespräche. "Die Chance, den Konflikt zu beenden, sehe ich als relativ gering an", sagt Mohns. "Dennoch ist es zu begrüßen, dass Gesprächsbereitschaft signalisiert wird: Man findet jetzt zur Sprache der Politik zurück."