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"Friedensweg oder Krieg"

Christoph Hasselbach29. Juli 2015

Die aus Deutschland stammende Feleknas Uca sitzt für die prokurdische HDP im türkischen Parlament. Im DW-Gespräch erläutert sie ihre Einschätzung der Lage in der Türkei und die Rolle der Kurden.

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Türkei Malatya Polizei Anti PKK DHKP-C Aktion Verhaftung
Türkische Sicherheitskräfte bei einer Operation gegen die PKKBild: picture-alliance/AA/N. Boskut

DW: Frau Uca, Sie haben in einem früheren DW-Interview gesagt, Ihr wichtigstes Anliegen sei der Friedensprozess innerhalb der Türkei mit den Kurden. Jetzt hat Präsident Erdogan den Friedensprozess für beendet erklärt. Was, glauben Sie, steht dahinter? Sind es innenpolitische Gründe?

Felekna Uca: Das hat damit zu tun. Im Kampf gegen den IS wird seit ein paar Tagen massiv gegen Funktionäre der HDP vorgegangen. Über tausend Menschen sind festgenommen worden. Man hat sogar ein Verbotsverfahren gegen die HDP gefordert. Sie haben beim Parlamentspräsidenten einen Antrag gestellt, dass die Immunität von uns allen aufgehoben werden soll. So wie es aussieht, möchte die AKP die HDP verbieten und gegen einzelne Funktionäre ein Politikverbot veranlassen, damit dann bei Neuwahlen die HDP nicht mehr die Zehnprozenthürde schafft. Das ist im Moment die Strategie der AKP.

Wie wollen Sie reagieren?

Wir werden uns weiterhin für die demokratische Lösung der Kurdenfrage und für den Frieden einsetzen, für eine demokratische Veränderung in diesem Land. Wir werden nicht zulassen, dass die Türkei in einen Krieg geführt wird. Alle, die sich bei der Wahl für die HDP ausgesprochen haben, wussten, da wird die Friedenspolitik vorangebracht. Wir haben über sechs Millionen Wählerstimmen im Land, die dieses Projekt unterstützt haben. Jetzt ist Europa gefragt, die europäischen Staaten und die Demokraten in der Türkei sind gefragt. Jetzt sind die Menschen in diesem Land gefordert zu zeigen, welchen Weg die Türkei will, den Friedensweg oder einen Krieg.

Feleknas Uca mit Wahlhelfern Foto: imago/ZUMA Press
Felekna Uca im Wahlkampf in Diyarbakir: "Sie wollen uns verbieten."Bild: imago/ZUMA Press

Wie ist das Verhältnis zwischen der HDP und der auch von der EU als terroristische Vereinigung eingestuften Kurdischen Arbeiterpartei, PKK? Sind kurdische Politiker wie Sie, die Sie sich friedlich und politisch für die Rechte der Kurden einsetzen, in den Augen der PKK Verräter?

Auf keinen Fall. Die PKK war ja selber zu einer friedlichen Lösung bereit. Aber Erdogan und die Regierung haben das vermasselt.

Wenn es Erdogan auf Neuwahlen und Stimmengewinne abgesehen hat, wird diese Rechnung dann aufgehen?

Die Menschen in diesem Land müssen selber entscheiden, will man den Friedensweg, oder will man die Situation wie in den 90er Jahren. Wir werden uns weiterhin für den Frieden einsetzen. Es wird sich jetzt zeigen, wie die demokratischen Kräfte in diesem Land damit umgehen werden. Die PKK war bereit, die Waffen niederzulegen. Und jetzt mit einem Mal alles zunichte zu machen, nur weil man andere politische Interessen hat, allein regieren möchte, da werden wir nicht bereit sein, diesen Friedensprozess für die Interessen der AKP oder für Präsident Erdogan fallenzulassen.

Was sind Ihre Vorstellungen von der Rolle der Kurden, sind Sie für einen kurdischen Staat?

Es geht jetzt gerade um die Friedensverhandlungen. Alles, was darüber hinausgeht, dazu sage ich im Moment nichts.

Fürchten Sie um Ihre persönliche Sicherheit?

Alle Menschen in diesem Land fürchten um ihre Sicherheit. Kein Mensch ist hier sicher vor dem IS, den die türkische Regierung lange unterstützt hat. Überall sind die IS-Leute unverdeckt verbreitet. Im gesamten Wahlkampf sind unsere Parteibüros angegriffen worden. Es gab tausende von Festnahmen und jeden Tag die Bedrohung. Und wenn im 21. Jahrhundert hier gegen Parteien ein Verbotsverfahren stattfindet, dann kann man sicher sein, dass man um sein Leben fürchten muss. Alle Menschen, die sich für eine demokratische Türkei einsetzen, müssen um ihr Leben fürchten.

Die 38-jährige kurdische Jesidin Feleknas Uca war in Norddeutschland für die Linken-Vorgängerpartei PDS aktiv und saß einige Jahre für die Partei Die Linke im Europaparlament. Seit der jüngsten Parlamentswahl in der Türkei im Juni dieses Jahres ist sie Abgeordnete der Kurdenpartei HDP. Die HDP übersprang mit gut 13 Prozent klar die Zehnprozenthürde, es ist das erste Mal, dass eine prokurdische Partei direkt ins Parlament gewählt wurde.

Das Gespräch führte Christoph Hasselbach.