Fußball-Bundesliga: das schönste Trikot
14. August 2015Die Mediadesign Hochschule in Düsseldorf wählt zum Beginn der Bundesligasaison alljährlich den deutschen Trikotmeister: Sieht das Design gut aus? Ist das Trikot fernsehtauglich? Wie ist der Schnitt, und wie fühlt sich das Material an? Sportdesignerin und Dozentin Martina Becker hat gemeinsam mit ihren Studenten unter den 18 Vereinen der ersten Fußballbundesliga das schönste Heimtrikot auserkoren.
DW: Frau Becker, bevor Sie uns verraten, wer der deutsche Trikotmeister 2015 ist, können Sie erst einmal definieren, was ein gutes Fußballtrikot eigentlich haben muss?
Martina Becker: Für mich als Designerin muss ein gutes Trikot erst einmal eine gute Passform haben. Die sollte nicht so schlabbrig sein. Ein Trikot sollte einen körpernahen Schnitt haben, aber eben nicht zu oversized. Das wäre von der Funktion her auch gar nicht sinnvoll. Dann spielt das Material eine große Rolle: Trikots werden viel getragen, und deshalb müssen sie auch funktionell sein. Als Designer ist man dann noch an die Vereins- und Sponsorenfarben gebunden. Hier müssen Sie auch ganz viel Fläche frei lassen: vorne für die Sponsoren, hinten für die Nummer. Das ist eine große Herausforderung. Trotzdem sollten die Sponsorenlogos in das Trikot integriert sein und ein schönes Gesamtbild mit dem Design ergeben. Und ich finde, dass ein Trikot nicht so verspielt sein sollte.
Haben Sie da Beispiele?
Konkret kann ich Ihnen dazu sagen, dass das Trikot der Hannoveraner (Anm. d. Redaktion: Hannover 96 landet in der Rangliste der Düsseldorfer Hochschule für Mediadesign auf Platz sechs) zu verspielt ist. Was den Kragen angeht, da ist einfach zu viel dran - ein Stehkragen und noch ein Rundhals ... Ein schöner Ausschnitt ist einfach ein V-Ausschnitt, zum Beispiel bei Eintracht Frankfurt. Die haben noch einmal einen extra Ripp-Einsatz. Das ist einfach ein gutes Design, wo man gar nicht groß zu überlegen braucht.
Körpernaher Schnitt
Können Sie als Designerin einen Trend bei den Fußballtrikots der Bundesligasaison 2015/2016 erkennen?
Naja, es gibt sicherlich schon einen Trend. Erst einmal werden die Trikots von den großen Sportartikelherstellern gemacht und die entwerfen das dann im Zusammenspiel mit den Vereinen. Was man in den letzten Jahren versucht hat, ist, sich Gedanken zu machen über die Passform und über den Schnitt. Frankfurt hat das zum Beispiel in Deutschland ganz gut umgesetzt: Das heißt, der Schnitt ist relativ körpernah. Das haben wir auch schon bei der Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien bei unserer Nationalmannschaft gesehen. Dieser körpernahe Schnitt steht den Profis natürlich ziemlich gut. Die sind sehr gut gebaut und durchtrainiert. Bei den Fans bin ich ein bisschen skeptisch. Ein enger Schnitt in der Größe XL - da wird jemand, der etwas stämmig ist, nicht reinpassen. Hier macht die Mode der Praxis einen Strich durch die Rechnung.
Jetzt haben Sie schon öfter Eintracht Frankfurt erwähnt. Ist die Mannschaft für Sie der deutsche Trikotmeister?
Für mich persönlich ja. Aber wir haben uns im Team für den FC Ingolstadt entschieden. Die sind jetzt auch aufgestiegen in die erste Bundesliga. Das heißt also, die steigen mit ihrem Trikot aus der zweiten Bundesliga in die erste auf und werden bei uns auch noch Trikotmeister. Die Mehrheit hat sich für Ingolstadt entschieden, Frankfurt ist aber ganz nah auf den Fersen.
Ingolstadt hat einfach ein klares Design ohne viel Schnick-Schnack. Schwarz, rot, weiß ist sehr medientauglich, fällt also sehr auf. Sie haben die Logos gut integriert. Die weißen Streifen auf der Schulter, das weiße Sponsorenlogo und das Eigene. Das passt farblich einfach alles zusammen und wirkt insgesamt sehr harmonisch.
Schöne Trikotfarben allein reichen nicht
Ein rot-schwarzes Trikot macht also in dieser Saison das Rennen. Kann man sagen, dass die Vereinsfarben eigentlich schon vorgeben, ob man Chancen auf den Titel Trikotmeister hat?
Die Farbe alleine ist nicht ausschlaggebend. Ganz klar war aber schon bei uns, dass die meisten weißen Trikots relativ weit hinten waren. Die wirkten eher wie Give-Aways oder Promotion-Shirts. Shirts, die man mal eben als Mitbringsel bekommt. Die wirkten alle sehr basic, fast schon ein bisschen langweilig.
Erkennen Sie als Designerin sofort ein deutsches Fußballtrikot? Wird international oder in den anderen Ligen Europas anders entworfen?
Das würde ich nicht sagen. Es gibt sicherlich Trikots, wo ich sagen würde, das kann ich mir in Deutschland nicht vorstellen. Zum Beispiel das rosa Trikot von Juventus Turin. Das ist in dieser Saison das Auswärtstrikot. Das ist retro. Die hatten ganz früher auch schon einmal Rosa in ihrem Trikot. Und ich kann mir auch das Auswärtstrikot vom FC Arsenal, das in so einem Goldton ist, nicht wirklich für Deutschland vorstellen – ganz persönlich hat mich das überhaupt nicht überzeugt.
Haben Sie auch einen UEFA Champions League-Gewinner?
Der AS Rom ist mein Favorit in Europa, absolut. Die haben das ganz geschmackvoll gelöst mit einem bordeauxfarbenen Heimtrikot und sonnig-gelben Akzenten.
Luft nach oben bei den Damentrikots
Wie sieht es eigentlich mit Frauenfußballtrikots aus?
Wir hatten auch mal überlegt, den Trikotmeister für Damen erstmalig auszuschreiben. Aber daraus ist leider nichts geworden. Aus dem einfachen Grund: Die wenigsten Damenvereine in Deutschland haben ein eigenes Trikot. Die tragen fast nur die Herrentrikots. Gerade bei den Damen – das finde ich ganz schade – wird ganz wenig Wert darauf gelegt. Das liegt natürlich auch daran, dass die Hersteller die Trikots natürlich auch an die Fans verkaufen wollen. Da könnte ein bisschen mehr passieren.
Eine abschließende Frage: Sie haben den FC Ingolstadt zum deutschen Trikotmeister 2015 gewählt, dicht gefolgt von Eintracht Frankfurt und den Bayern. Sind sie selber eigentlich auch Fußballfan? Und wenn ja, wie können Sie dann objektiv bleiben?
Wir versuchen zumindest, die Vorlieben zu irgendwelchen Vereinen wegzulassen. Wir haben alle Trikots auf Büsten drapiert und aufgereiht, danach haben wir eine Auswahl getroffen. Da hat man wirklich alle nebeneinander ganz gut gesehen. Und es kamen sicherlich Trikots mit Farben, die kräftig waren, die ein Eye-Catcher waren, auf die besseren Plätze. Ich freue mich sehr, dass wir uns für den FC Ingolstadt entschieden haben, weil ich finde dass auch kleinere Vereine mal eine Chance haben können, wenn die ihren Job gemacht haben.
Vielen Dank, Frau Becker, für das Gespräch.