So gut ist die französische Liga
16. Juli 2018Lesen Sie diesen Artikel auf Englisch.
Im Sport werden immer zwei Geschichten erzählt: die des Erfolges und die der Niederlage. England hat bei dieser WM beides vereint. Die "Three Lions" sind im Halbfinale ausgeschieden. Im DW-Score ist die englische Premier League jedoch mit weitem Abstand die beste Liga der WM. Auch wenn die englischen Fans es wohl lieber in einem anderen Kontext gehört hätten: "Football is coming home". Allerdings ist dieser Erfolg keine Sensation. Seit Jahren gilt die Premier League gemeinsam mit der spanischen La Liga als das Maß aller (Fußball-)Dinge - der Schein trügt nicht.
Erfolg der Legionäre
Wie gut sind die Fußball-Ligen im Vergleich? Der DW-Score bildet ab, wie erfolgreich die einzelnen Ligen bei der WM gespielt haben - der Erfolg der Nationalmannschaften wird dabei über die eingesetzten Spieler auf die unterschiedlichen Ligen übertragen. Die neue “Weltmeisterliga” belegt dabei nur den fünften Rang, geschlagen von der englischen Premier League, der spanischen La Liga, der deutschen Bundesliga und der italienischen Serie A. Für die französische Ligue 1 ist noch Luft nach oben, was ein Beispiel der französischen Mannschaft zeigt: Im Finale standen mit Kylian Mbappé und Nabil Fekir nur zwei Spieler der Ligue 1 auf dem Platz - so viele wie aus der Bundesliga.
Was bei der französischen Nationalmannschaft außerdem auffällt: Im Gegensatz zu den zwei vergangenen Weltmeistern haben sie deutlich mehr Spieler aus unterschiedlichen Vereinen. Das spanische WM Team gewann 2010 mit einem Kurzpass-Spiel, das von Spielern des FC Barcelona und Real Madrid zur Perfektion gebracht wurde. Die Deutschen siegten 2014 zu einer Zeit, in der der FC Bayern München auf dem Zenit seines Fußballspiels war - und sieben seiner Spieler im Maracanã-Stadion für die deutsche Nationalmannschaft das Finale bestritten. Für Frankreich wurden im Finale Spieler zwölf unterschiedlicher Vereine eingesetzt.
Bundesliga und Serie A sind für eine Überraschung gut
Italien fehlte bei der WM, Deutschland schied schon vor der K.o.-Phase der WM aus. Doch ihre Vereine blieben im Rennen. Der Aufstieg des Frankfurters Ante Rebic (Kroatien) und des Stuttgarters Benjamin Pavard (Frankreich) kommt nicht nur den Vereinen zugute, Stichwort Marktwert, sondern auch den nationalen Verbänden. Das Beispiel zeigt: Die Bundesliga hat viele Spieler entsandt, die in ihren jeweiligen Nationalmannschaften ausgesprochen erfolgreich spielten. Allein an der Bundesliga kann es also nicht liegen, dass die deutsche Nationalmannschaft miserabel abgeschnitten hat.
Auch die italienische Liga hat im DW-Score deutlich besser abgeschnitten als die französische Ligue 1. Das lag unter anderem an Neu-Weltmeister Blaise Matuidi (Juventus Turin), den Vizeweltmeistern Ivan Perisic (Inter Mailand) und Mario Mandzukic (Juventus) sowie dem Belgier Dries Mertens (SSC Nepal).
In den finalen DW-Score sind die Punkte aus allen Phasen des Turniers eingeflossen. Nach jeder Runde wurden die Punkte, die eine Nationalmannschaft erzielt hat, anteilig auf die jeweilige Liga umgelegt: Je nachdem, wie viele Spieler einer Liga für jede Nationalmannschaft im Einsatz waren. Die genaue Herangehensweise ist hier dokumentiert.
Wettkampf der Kontinente
Fußballweltmeisterschaften sind nicht nur Wettkämpfe zwischen verschiedenen Nationen, sondern auch ein Wettkampf der Kontinente. Mit Blick auf die Top 10-Ligen des DW-Scores sticht hervor: Bis auf die mexikanische Primera Division und die saudi-arabische Professional League handelt es sich ausschließlich um Ligen aus dem Bereich der europäischen Fußball-Union UEFA. Südamerikanische Ligen fehlen in den Top 10.
Die großen Stars der Viertelfinalteilnehmer Uruguay und Brasilien spielen nicht in den heimischen Ligen, sondern in Europa bei Paris St. Germain, Manchester City oder dem FC Barcelona. Aus der mexikanischen Primera Division (CONCACAF) kamen hingegen Spieler Japans, Kolumbiens, Uruguays, Argentiniens und natürlich Mexikos - allesamt Mannschaften, die mindestens die Gruppenphase der WM erfolgreich überstanden haben.
Die Shoppingtour der chinesischen Super League macht sich in dem Ranking bemerkbar und fördert das gute Abschneiden des asiatischen Kontinentalverbands AFC. Der Brasilianer Renato Augusto und der Argentinier Javier Mascherano sind die prominentesten Beispiele. Das gute Abschneiden des AFC liegt aber auch darin begründet, dass viele Nationalmannschaften aus diesen Verbänden auf Spieler der heimischen Ligen setzen - während afrikanische und südamerikanische Nationalspieler hauptsächlich in Europa spielen.
Die Fußballweltmeisterschaft 2018 hat eindrucksvoll unterstrichen, dass nicht nur europäische Nationalmannschaften, sondern vor allem die europäischen Ligen im Moment die Standards im Fußball setzen. Der Fußball entwickelt sich nicht in der Ausnahmesituation Weltmeisterschaft weiter, sondern im regelmäßigen Training und den Saison-Spielen der Vereine. Die Impulse dafür kommen derzeit, wie es aussieht, vor allem aus Europa - auch aus der Bundesliga.
Methodik des DW-Score:
Für den Score wurde Erfolg der Nationalmannschaften über die Spieler anteilig umgelegt wurde auf die unterschiedlichen Ligen. Dazu wurde zunächst geprüft, welche Spieler überhaupt tatsächlich im Einsatz waren.
Aus der Gruppenphase sind sowohl die Punkte eingeflossen, die eine Mannschaft erzielt hat, als auch das finale Ranking zum Ende der Gruppenphase (ebenfalls umgewandelt in Punkte: vier für den Gruppenersten, einen für den Gruppenletzten). In den Knock-Out-Runden nach der Gruppenphase hat das Gewinnerteam jeweils einen, das Verliererteam Null Punkte erhalten. Der finale Score einer Liga ist die Summe von allen Scores, die diese Liga in den unterschiedlichen Phasen (Gruppenphase, Achtelfinale, Viertelfinale, Halbfinale, Spiel um Platz 3 und Finale) des Tourniers erhalten hat. Alle Daten und die Methodik sind hier dokumentiert.