Fußball-WM und Werbung
14. Juni 2018Als August Oetker 1891 in seiner Bielefelder Apotheke begann, Backpulver in kleinen Tüten für zehn Pfennig pro Stück zu verkaufen, legte er den Grundstein für das spätere Familienimperium. Von Anfang an setzte der vorausschauende Unternehmer auf Werbung: "Wie kann die Welt wissen, dass du etwas Gutes tust, wenn du es ihr nicht anzeigst?", lautete Oetkers Credo, und so ließ er schon 1908 eine Werbeabteilung einrichten.
Shitstorm wegen Backwerbung
Was die Kollegen von damals wohl zur Werbung ihrer Nachfolger im 21. Jahrhundert gesagt hätten? Auf einem Plakat in der Schweiz ist da eine Frau mit Kochschürze zu sehen, die einen Fußball-Kuchen gebacken hat. Der Slogan dazu lautet: "Back deinen Mann glücklich - auch wenn er eine zweite Liebe hat."
Die Frau als Heimchen am Herd - das kam bei vielen nicht gut an. Im Netz hagelte es böse Kommentare: Von "Wer kann #DrOetker verraten, dass wir nicht mehr in den 50ern leben?" bis "Bisschen mehr Ausschnitt, Mäuschen! Und iss auf keinen Fall selbst von dem Kuchen, sonst wirst du fett und er verlässt dich", reicht die Bandbreite der Reaktionen. In diesem Post wird sogar der Boykott des Unternehmens angeregt:
Die "Love Cake"-Werbung erinnert tatsächlich an Kampagnen aus den 50er Jahren. Damals war Dr. Oetkers Werbe-Motto: "Sie wissen ja, eine Frau hat zwei Lebensfragen: Was soll ich anziehen und was soll ich kochen?"
"Kampagne ist ironisch gemeint"
Der Konzern sieht sich zu Unrecht an den Pranger gestellt und ließ verlauten: "Die Kampagne 'Love Cake' inklusive des aktuell öffentlich diskutierten Fußballmotivs wurde von einem Team ausschließlich aus modernen Frauen und teilweise auch Teilzeit arbeitenden Müttern entwickelt. Wir haben das Fußballmotiv jedoch offensichtlich nicht auf diese Weise interpretiert, sondern verstehen es auch mit einer gewissen Ironie."
Im Übrigen, so Dr. Oetker, sehe man das ganz gelassen und würde sich darüber freuen, "wenn der Mann die Frau glücklich backt, der Enkel den Opa oder die Schwester den Bruder". Ziel sei schlicht, die Menschen zum Backen zu animieren.
Ob man die Werbung mag oder nicht, ihr Ziel hat sie auf jeden Fall erreicht: Dr. Oetker in die Schlagzeilen zu bringen. Denn bekanntlich, so das Credo von PR-Experten, ist ja auch schlechte Werbung gute Werbung.
Manche WM-Werbung "schießt" über das Ziel hinaus
Im Fernsehen und Radio laufen WM-Spots in Dauerschleife, Zeitungen und Zeitschriften drucken fleißig dazu passende Reklame der großen Unternehmen. Jeder versucht, an der WM mitzuverdienen - doch manche Läden "schießen" mit ihren Geschäftsideen deutlich über das Ziel hinaus: So hat in Bremen ein Waffengeschäft ein Plakat ins Fenster gehängt, das vier Fußballspieler von hinten zeigt. Darüber steht der Slogan: "Die beste Abwehr der Welt kommt aus Deutschland".
Am liebsten nehmen die PR-Strategen natürlich bekannte Gesichter unter Vertrag. Aber nicht jeder WM-Fußballer ist auch der geborene Schauspieler - wie der folgende Spot von 2011 mit Mesut Özil in der Rolle eines beinharten Clint Eastwood beweist. Seine Teamkollegen Mats Hummels, Manuel Neuer und Benedikt Höwedes waren damals allerdings auch keine heißen Anwärter auf den nächsten Oscar…
Von "Nutella-Boys" und einem Fluch
2012 hat der Süßwarenhersteller Ferrero seine Spots mit den DFB-Nachwuchsspielern, den "Nutella-Boys", eingestellt. Sport und Nutella - das passe nicht zusammen, hatte die Verbraucherorganisation Foodwatch angemahnt. Wenn der Deutsche Fußball-Bund seine gesellschaftliche Verantwortung für die Gesundheit von Kindern ernst nehme, dürfe er sich nicht vor den Karren von Ferrero spannen lassen, hatte der Verband damals gefordert.
Ganz zu schweigen davon, dass schon vorher das Gerücht vom "Nutella-Fluch" kursierte: Der Schoko-Hersteller rekrutierte die jungen Wilden des DFB für seine Werbefilme - und bei denen folgte nach den TV-Schlemmerfrühstücken dann meist ein Karrieretief. Ob Kevin Kurany, Arne Friedrich, Mesut Özil oder Mats Hummels, es traf sie in der Folgezeit alle.
Doch das ist lange her, und bei der WM 2018 ist die Laufbahn als Schokocreme-Junge längst Geschichte. Wenn ein Spieler trotzdem abergläubisch ist, kann er ja die Socken verkehrt herum anziehen oder den grünen Rasen immer mit dem rechten oder wahlweise linken Fuß zuerst betreten. Auch das soll ja bekanntlich Glück bringen.
Es geht auch mit Humor
2014, noch bevor das deutsche Team Weltmeister wurde, verpflichte Coca-Cola Bayerns Torhüter Manuel Neuer als Werbeikone für eine Diätlimonade. In dem Spot sitzt ein Fußballfan auf der Couch vor der Glotze, seine Freundin reicht ihm eine als normale Coke getarnte Diätcola. Unter dem Motto "Mit Coke Zero kannst Du alles haben" verwandelt sie sich kurz darauf in Manuel Neuer, das Wohnzimmer mutiert zum Stadion.
Dieser Spot brachte Manuel Neuer zwar keinen Fluch ein - doch der Spruch "Vielleicht bin ich gar nicht Deine Freundin, sondern Manuel Neuer" kursiert bis heute im Netz.
Humorvoll ist diese "Pokalgeschichte", die sich der Brausehersteller für die WM 2018 überlegt hat und die im Netz bestens ankommt - vielleicht ein Omen?
Ob die WM-Werbung die Fans nach dem Anpfiff überhaupt noch interessiert, sei allerdings mal dahingestellt. Vor der Bandenwerbung auf dem Platz gibt es zwar kein Entkommen, aber egal: Von jetzt an wird mitgefiebert...