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Fünf überraschende Fakten zu Amphoren

14. August 2023

Sie waren die Einwegverpackungen der Antike: In Amphoren wurden unter anderem Öl, Wein und Oliven transportiert. Ihre Überreste geben Aufschluss über Essensvorlieben und Handelsbeziehungen.

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Vier bauchige Amphoren liegen auf dem Boden, eine steht auf einem Metallring.
Amphoren waren in der Antike günstige und praktische Verpackungen für LebensmittelBild: Mel Longhurst/Captital Pictures/picture alliance

Amphoren sind wie Barbies: Sie können ohne Hilfe nicht stehen

Amphoren wurden vor allem für den Handel hergestellt. Mit den Gefäßen, die je nach Größe fünf bis 80 Liter fassten, transportierten die Menschen in der Antike unter anderem Öl, Wein, Honig, Oliven, eingelegtes Gemüse und Garum - eine Fischsauce, die in der römischen Küche so beliebt war, wie die Sojasauce heute in der asiatischen.

Eine typische Ampore lief unten spitz zu, so dass sie nur auf einem Gestell stehen konnte oder in den Boden eingelassen werden musste. Ihre Form eignete sich aber ideal für den Transport mit Schiffen, da sie platzsparend neben- und übereinander stehend gelagert werden konnten. Große Segelschiffe hatten bis zu 10.000 Amphoren an Bord. Ein wichtiges Merkmal sind die Tragegriffe auf beiden Seiten. Diesen Henkeln verdankt die Amphore auch ihren Namen. Denn der Begriff stammt aus dem Altgriechischen und bedeutet übersetzt soviel wie "zweihenkliges Tongefäß".

Mehrere Amphoren liegen an Seilen befestigt im Rumpf eines Schiffes.
Für den Transport über die Meere waren Amphoren hervorragend geeignetBild: Martin Moxter/imageBROKER/picture alliance

Amphoren waren antike Einwegverpackungen

Die Vorstellung, dass Archäologen in 400 Jahren rostige Bierdosen oder Getränkeflaschen aus Plastik analysieren und in Museen ausstellen, ist kurios. Aber so unähnlich sind sich Amphoren und moderne Behältnisse für Getränke gar nicht. Amphoren waren antike Wegwerfprodukte. Sofern es keine kunstvoll gestalteten Gefäße waren, hatten sie standardisierte Größen - quasi eine antike ISO-Norm. Sie kosteten nicht viel in der Herstellung und wurden allein für den Transport benötigt.

Auf den Gefäßen war unter anderem vermerkt, wie schwer sie waren, wo sie herkamen, welche Ware sie beinhalteten und wann sie von welchem Exporteur versandt wurden. Wenn die Handelsschiffe an den Häfen angelegt hatten, wurden die Amphoren geleert und hatten damit ihre Funktion erfüllt. Anschließend wurden sie entweder an Ort und Stelle zerschlagen und weggeschmissen oder zweitverwertet, beispielsweise als Latrine, als Sarg oder als leichtes und günstiges Baumaterial.

Byzantinisch-römisches Mosaik aus dem 6. Jahrhundert zeigt einen Mann mit Amphore.
Öl, Wein, Traubensaftkonzentrat, eingelegtes Obst und Gemüse, Honig und Gewürze wurden in Amphoren gefüllt und ins gesamte Römische Reich verschifftBild: Paul Williams/Funkystock/imageBROKER/picture alliance

Wertloser Schutt in der Antike - wertvolles Zeugnis heute

Gefäße allerdings, in denen Olivenöl transportiert wurde - und davon wurden im Mittelmeerraum Unmengen verschifft - waren zu nichts mehr zu gebrauchen. Sie mussten also entsorgt werden. Die Tongefäße wurden zerschmettert und einfach auf einen Haufen oder ins Meer geworfen.

Einer dieser Haufen wuchs mit den Jahren zu einem fast 40 Meter hohen Hügel an und existiert noch heute. Der Monte Testaccio in Rom ist so ein Berg aus Scherben. Heute ist er zwar begrünt, doch unter der Oberfläche sollen noch immer schätzungsweise mehr als 50 Millionen Überreste antiker Amphoren liegen. Denn die Tonscherben zersetzen sich auch in 3.000 Jahren nicht. Für Archäologen sind solche antiken Müllhalden ein Schatz, da diese Fundstücke viel über antike Handelsrouten und die Ernährung der Zeitgenossen aussagen. Anhand der Herkunft der Amphoren und ihrer Inschriften lässt sich belegen, dass die Waren durchs gesamte Römische Reich transportiert und sogar bis nach Indien und Äthiopien exportiert wurden.

Mehrere Amphoren stehen zu einer Pyramide aufgerichtet in einer Ecke.
Amphoren waren eine Massenprodukt in der Antike - und doch war jede einzelne handgefertigtBild: Martin Siepmann/imageBROKER/picture alliance

Ordnung ins Chaos brachte ein Deutscher

Die Deutschen sind im Ausland für ihre Ordnungsliebe bekannt. Kein Wunder, dass ausgerechnet ein Deutscher Ordnung ins Scherbenchaos auf dem Monte Testaccio bringen wollte. Der Epigraphiker Heinrich Dressel (1845-1920) untersuchte ab 1872 die römischen Amphoren auf dem Scherbenberg und ordnete sie mehr als 40 verschiedenen Typen zu, die teilweise noch heute als Beschreibung für Amphoren genutzt werden. Ihn interessierten die Formen, die Inhalte und die Inschriften der Amphoren. So konnte er belegen, dass die bauchige Amphore des Typs "Dressel 20" aus Spanien kam und Öl enthielt, während die weitverbreitete längliche Amphore des Typs "Dressel 1" mit italienischem Wein gefüllt war.

Ein Taucher leuchtet eine am Meeresboden liegende Amphore an
Finger weg von antiken Kulturgütern - das gibt nur Ärger!Bild: Florian Launette/maxppp/picture alliance

Wenn Sie eine Amphore sehen, lassen Sie sie liegen!

Amphoren gab es in der antiken Welt wie Sand am Meer. Zudem wurden die Tongefäße aus einem äußerst haltbaren Material geschaffen. Deshalb werden sie heute noch gefunden, vor allem auf dem Meeresboden und in gesunkenen Schiffen. Wer selbst bei einem Tauchgang in der Türkei, in Italien, in Spanien oder in Griechenland alte Amphoren findet, sollte sie unbedingt liegen lassen und den Fund den Behörden melden.

Denn wer Amphoren oder auch Bruchstücke von Amphoren als Souvenir mit nach Hause nimmt, macht sich strafbar: Die Ausfuhr von Kulturgütern ist illegal und wird mit hohen Bußgeldern und Haftstrafen geahndet. Einem Familienvater aus Österreich, dessen Kinder im Sommerurlaub auf Rhodos 2019 beim Schnorcheln auf Fragmente von Amphoren stießen, droht nun eine Gefängnisstrafe von bis zu zehn Jahren, da er die Scherben als Andenken mitgenommen hat.