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G20-Gipfel in St. Petersburg

Henrik Böhme, zur Zeit St. Petersburg4. September 2013

Investoren ziehen ihr Geld aus Schwellenländern ab, Währungen verlieren an Wert - genügend düstere Themen für den G20-Gipfel. Außerdem noch die Differenzen zum Syrien-Konflikt - dunkle Wolken über der hellen Kulisse.

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G20 Gipfel in St. Petersburg Foto: DW/Böhme
Bild: DW/Böhme

Es ist wie bestellt: Die Sonne strahlt über dem östlichsten Zipfel der Ostsee, an dem die Fünf-Millionen-Stadt St. Petersburg liegt. Russlands Präsident Wladimir Putin ist hier geboren, er hat seine Heimatstadt herausputzen lassen für das Treffen der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer. Tagungsort ist der noch zu Zeiten von Zar Peter I. errichtete und prunkvoll wiedererbaute Konstantin-Palast. Das einzige, was nicht so recht in die glanzvolle Kulisse passen will, ist der Zustand der Welt.

Verdrängt Syrien alle anderen Themen?

Es scheint wie ein Fluch zu sein: Als sich im Jahr 2006 die G8-Industriestaaten zu ihrem Gipfel in St. Petersburg trafen, eskalierte einmal mehr der Nahost-Konflikt. Damals begann mit Kämpfen zwischen Israel und der Hisbollah der zweite Libanonkrieg. Die G8 waren zu einem größeren Teil damit befasst, sich zu dem Konflikt zu äußern. Am Ende stand ein dürres Papier - der Krieg indes nahm seinen Lauf. Jetzt droht der nach wie vor ungelöste Syrien-Konflikt die Tagesordnung zu bestimmen.

G20 Gipfel in St. Petersburg, Schiff der russischen Marine Foto: DW/Böhme
Sicherheit geht vor: Schiff der russischen Marine in der Ostsee vor St. PetersburgBild: DW/Böhme

Das will Gastgeber Wladimir Putin freilich verhindern. Denn dass die G20 hier zu einer einheitlichen Linie kommen, scheint angesichts der unversöhnlichen Positionen nahezu ausgeschlossen. Mit Russland, China, den USA, Großbritannien und Frankreich sitzen die fünf Vetomächte des UN-Sicherheitsrates mit am G20-Tisch. Aber genauso Syrien-Nachbar Türkei, der einen Militärschlag befürwortet, und die nahöstliche Regionalmacht Saudi-Arabien. Zu allem Überfluss ist das Verhältnis zwischen Wladimir Putin und US-Präsident Barack Obama dramatisch abgekühlt, was schon beim jüngsten G8-Treffen in Nordirland zu besichtigen war und durch die Snowden-Affäre noch verschlechtert wurde.

Gestörtes Verhältnis der Supermächte

Eigentlich war im Vorfeld des Gipfels ein Obama-Besuch in Moskau geplant. Der wurde vom Weißen Haus abgesagt, stattdessen traf der US-Präsident am Mittwoch (04.09.2013) in Stockholm ein, um sich dort mit Regierungschefs der nordischen Staaten zu treffen. Bislang gibt es weder aus dem Weißen Haus noch aus dem Kreml ein Signal, dass Putin und Obama am Rande des G20-Gipfels miteinander das Gespräch suchen werden. Nach der heftigen Rhetorik der vergangenen Tage zum Syrien-Thema hat sich Wladimir Putin in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview deutlich sachlicher geäußert. Wenn der amerikanische Präsident überzeugende Beweise für einen Giftgas-Einsatz syrischer Regierungstruppen mitbringe, sei er bereit, neu über das Thema nachzudenken und einem militärischen Einsatz mit UN-Mandat zuzustimmen, so Putin in dem Gespräch mit der Nachrichtenagentur AP und dem russischen Sender Channel First. Später sollte Putin aber wieder anders klingen: US-Außenminister John Kerry habe den Kongress über die Rolle der Al-Kaida im syrischen Bürgerkrieg belogen.

Verschiebung der Gewichte

Aber auch, wenn es den Anschein hat, die Lage in Syrien werde den Gipfel von St. Petersburg überlagern: Wirtschaftliche Themen werden auf dem Treffen, das insgesamt nur 24 Stunden dauern wird, einen breiten Raum einnehmen. Denn der Zustand der Weltwirtschaft ist alles andere als zufriedenstellend - so jedenfalls steht es im Entwurf der Abschlusserklärung. Zwar sei eine Erholung zu verzeichnen, aber die verlaufe schleppend und neue Risiken würden sichtbar. Stand beim letzten Gipfel vor einem Jahr im mexikanischen Los Cabos noch die Eurokrise im Fokus, so verschieben sich derzeit die Gewichte. Die US-Wirtschaft ist auf Erholungskurs, selbst der Eurozone bescheinigt der Internationale Währungsfonds eine positive Tendenz.

Aber diese an sich guten Nachrichten führen im Zusammenhang mit dem von der US-Notenbank angekündigten baldigen Ende des billigen Geldes dazu, dass Investoren ihr Geld massenhaft aus den Schwellenländern abziehen. Die dortigen Währungen verlieren zum Teil drastisch an Wert. Die Angst geht um, dass der jahrelange Boom jäh zu Ende gehen könnte, zumal viele der Länder mit hausgemachten Problemen kämpfen.

G20 Gipfel in St. Petersburg, Boote zum Transport von Journalisten Foto: DW/Böhme
Mit Tragflächenbooten werden die Journalisten zum Tagungsort gebrachtBild: DW/Böhme

Demonstranten ohne Chance

Reichlich Themen also für die Staats- und Regierungschef. Die enge Tagesordnung bietet allerdings kaum Raum für ausufernde Debatten. Verabschiedet werden soll ein Aktionsplan der G20 für Wachstum und Jobs. Während des Abendessens am Donnerstag soll es um Entwicklungsthemen gehen, die Gruppe will hier eine neue Strategie beschließen. Schließlich steht das Thema Welthandel zur Debatte, es wird wie immer mit der Aufforderung enden, keine protektionistischen Maßnahmen zum Schutz der eigenen Wirtschaft zu ergreifen.

Gut beschützen werden die russischen Sicherheitskräfte Putins Gäste. Aus dem ganzen Land wurden zusätzlich 4000 Polizisten herangekarrt, andere Zahlen sind nicht zu erfahren. Der Landweg zum Konstantin-Palast ist hermetisch abgeriegelt, der internationale Flughafen geschlossen und auch auf dem Seeweg hätten es Taucher oder Mini-U-Boote schwer. Ein gigantisches Unterwasser-Netz wurde vor der Einfahrt zur Anlegestelle ausgelegt, um unerwünschte Eindringlinge abzuwehren.