G20 uneins über Wachstumsziele
22. Februar 2014Die 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) steuern trotz einzelner kritischer Stimmen auf die Festlegung ehrgeiziger globaler Wachstumsziele zu. Auch Deutschland, das sich anfangs ablehnend geäußert hatte, signalisierte beim Treffen der G20-Finanzminister und Notenbankchefs am Samstag in Sydney sein Einlenken. "Ich habe ein hohes Maß an Hoffnung, dass dieses G20-Treffen einen echten, erreichbaren Rahmen festlegen wird für ein stärkeres Wachstum der Weltwirtschaft in den kommenden fünf Jahren", sagte Australiens Finanzminister Joe Hockey als Gastgeber der Konferenz. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann äußerte allerdings in einem Interview der Nachrichtenagentur Reuters Vorbehalte gegen solche Zielen. Auch die Turbulenzen in den Schwellenländern nach der eingeleiteten Straffung der US-Geldpolitik sind Thema des Treffens.
Bislang haben die G20 mit konkreten Zielwerten für bestimmte wirtschafts- und finanzpolitische Bereiche nicht die besten Erfahrungen gemacht. So führten Verabredungen in ihrem Kreis aus dem Jahre 2010 zum Defizit- und Staatsschulden-Abbau, die unter dem Stichwort Toronto-Ziele getroffen wurden, zu einem langen Streit, insbesondere zwischen den USA und Deutschland. Auf solche Erfahrungen bezog sich auch Weidmann mit seiner Kritik. Oft genug seien solche Vorgaben zwar hochambitioniert, erwiesen sich letztlich aber als unverbindlich und kaum durchsetzbar, sagte er. Die Bundesregierung hatte ursprünglich gegen solche Überlegungen argumentiert, sie beruhten auf längst überholten planwirtschaftlichen Vorstellungen. Zu den Skeptikern zählte aber auch das Schwellenland Südafrika.
Wachstumsziel als Ansporn
Am Ende waren sich die meisten G20-Länder aber darin einig, dass mit einem solchen Wachstumsziel weniger ein Planwert, als vielmehr ein Ansporn formuliert werde. Nationale Festlegungen zur Steigerung der Wirtschaftsleistung soll es keine geben. Mit der Neuerung hoffen die G20-Länder auch, aus der fast schon traditionellen Konfrontation über das Spannungsfeld von Wachstumsförderung und Haushaltskonsolidierung herauszukommen. Frankreichs Finanzminister Pierre Moscovici gehörte zu dem Lager, das das Ziel, den weltweiten Wachstumspfad binnen fünf Jahren um insgesamt 2,5 Prozent zu erhöhen, als zwar ehrgeizig, aber nicht unrealistisch bewertete.
Die entscheidende Vorarbeit für das globale Wachstumsziel kommt vom Internationalen Währungsfonds (IWF). Der hatte analysiert, dass durch immer wieder geforderte Strukturreformen das Wachstum der Weltwirtschaft, das derzeit bei einem Zuwachs von etwas unter vier Prozent im Jahr liegt, in den nächsten fünf Jahren um jährlich rund einen halben Prozentpunkt angehoben werden könnte. Die weltweite Wirtschaftsleistung würde damit um 2,25 Billionen Dollar dauerhaft nach oben katapultiert - allerdings nur eben bei umfassenden und in Teilen auch schmerzhaften Reformen in den G20-Ländern. Da geht es beispielsweise um die Liberalisierungen an Produkt- und Arbeitsmärkten und den Abbau von Handelshürden.
Kritik in Richtung Schwellenländer
Im Fokus stehen bei dem G20-Treffen neben dem Thema Wachstum die Probleme einiger Schwellenländer. Diese aufstrebenden Volkswirtschaften halten zumindest zum Teil die eingeleitete Straffung der Geldpolitik durch die US-Notenbank Federal Reserve für einen Grund ihrer Schwierigkeiten, die zeitweise mit massiven Turbulenzen an ihren Finanzmärkten verbunden waren. Denn Investoren zogen auf der Jagd nach lukrativen Renditen massiv Gelder aus den Schwellenländern ab und steckten diese in nun wieder attraktivere US-Anlagen. Etliche Politiker aus den Industrieländern hatten den Schwellenländern allerdings schon im Vorfeld geraten, zunächst ihre Hausaufgaben in Form von Strukturreformen zu machen und so ihre Wirtschaft zu stärken.
Für eine Korrektur der Fed-Politik gibt es ohnehin kaum Hoffnung. Jedoch hoffen die Schwellenländer auf mehr Kooperation, Koordination und Transparenz in der Geldpolitik. Dagegen hat allerdings Bundesbank-Chef Weidmann erhebliche Vorbehalte. Der Kooperation der Zentralbanken seien enge Grenzen gesetzt, denn sie seien an ihr jeweiliges Mandat gebunden, betonte er. Bei der Europäische Zentralbank (EZB) ist das vorrangig die Sicherung der Preisstabilität. Das bedeute aber nicht, dass die Notenbanken nicht auch die Folgen ihrer Entscheidungen für andere Länder im Blick hätten, fügte Weidmann hinzu.