Gabriel warnt EU vor Einmischung
21. Januar 2014Energie- und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel gibt sich gegenüber der Europäischen Kommission in Brüssel kämpferisch. Die EU mische sich zu weit in die Ausgestaltung der deutschen Energiewende ein, beklagte der SPD-Vorsitzende in Berlin. "Die EU-Kommission versucht, sich über das Wettbewerbsrecht die Zuständigkeit für die nationale Energiepolitik zu besorgen", kritisierte Gabriel. Hintergrund seiner Äußerung bei einem Energiekongress ist, dass Deutschland seinen energieintensiven Unternehmen im Inland bislang üppige Rabatte bei der Ökostromförderung gewährt. Die EU hat begonnen, diese Ausnahmen kritisch unter die Lupe zu nehmen, denn sie könnten laut EU-Gesetz verdeckte Beihilfen für deutsche Unternehmen darstellen.
Und solche nationalen Beihilfen wären nach den Spielregeln des EU-Binnenmarkts verboten. Gabriel sieht dagegen die Chancengleichheit im EU-Umfeld nicht gefährdet, im Gegenteil: "Wir reden nicht über einen Nachteil für außerdeutsche Unternehmen, sondern wir reden darüber, dass wir die wirklich großen Belastungen für unsere Industrie erträglich halten müssen."
Um einer möglichen Klage der EU-Kommission gegen die Industrierabatte zuvorzukommen, plant Gabriel eine grundlegende Reform der Ökostromförderung. An den Industrierabatten will er festhalten, denn die deutsche Energiewende dürfe nicht zu einer Deindustrialisierung des Landes führen. "In der Bundesregierung sind wir uns einig, dass wir auf die Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrien zu achten haben und dort auch keine faulen Kompromisse machen". Die Belastungsgrenze Deutschlands als internationaler Vorreiter bei der Umstellung auf Erneuerbare Energien sei erreicht, so der Minister. Schon jetzt beliefen such die Kosten aus der Lernkurve der Energiewende auf bis zu 24 Milliarden Euro jährlich.
Gabriel: Ambitionierte EU-Klimaschutzziele beibehalten
Als Retourkutsche warf Gabriel der EU-Kommission vor, dass sie ihren Job als Motor für Klimaschutz in Europa nicht ernstnehme. Er warnte davor, die bislang ambitionierten Klimaschutz- und Energieziele der Europäischen Union aufzuweichen.
Am Mittwoch (22.1.2014) will die Kommission in Brüssel einen Entwurf für die Klimaschutzziele der Union bis zum Jahr 2030 vorstellen. Bis 2020 haben sich die Mitgliedsstaaten verbindlich auf das sogenannte „20-20-20-Ziel“ verständigt: Demnach wollen sie bis zum Ende dieses Jahrzehnts 20 Prozent weniger Kohlendioxid auszustoßen, 20 Prozent erneuerbare Energie im Stromnetz nutzen und die Energieeffizienz ihrer Wirtschaften um 20 Prozent erhöht haben. Ob diese Ziele ebenso ambitioniert in die Zukunft fortgeschrieben werden, darüber entscheidet auch der Vorschlag der EU-Kommission.
Verwässerung befürchtet
Beobachter rechnen hier aufgrund interner Richtungsstreitigkeiten innerhalb der Kommission mit Enttäuschungen für all jene, die auf mehr Klimaschutz setzen. Es dürfte darauf hinauslaufen, dass statt wie bisher drei Ziele vordinglich nur noch eines verfolgt werden soll. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird die EU-Kommission auf eine Treibhausgasreduktion zwischen 35 und 40 Prozent bis zum Jahr 2030 dringen, was den Mitgliedsstaaten freie Hand lassen würde, wie sie diese CO2-Einsparungen erzielen wollen. Die Bundesregierung warnt vor einer Rückkehr der Atomkraft auf EU-Boden.
Echter Klimaschutz, sagte Gabriel dazu in Berlin, "dazu gehört für uns auch ein verbindliches Ausbauziel für erneuerbare Energien, damit wir hier in Europa ernsthaft vorankommen". Im März wollen die Staats- und Regierungschefs beim EU-Gipfel über die Vorschläge der EU-Kommission beraten. Deutschlands Beharren auf verbindliche Ausbauziele für erneuerbare Energien dürfte also noch längst nicht vom Tisch sein.