Gabriel in Athen: Was kann das bringen?
30. Juni 2016Zum ersten Mal seit fünf Jahren reist wieder ein deutscher Wirtschaftsminister mit großer Delegation nach Griechenland. Sigmar Gabriel wird von Unternehmen begleitet, die sich bereits in Griechenland engagieren. Darunter sind das Unternehmen Mitsubishi Hitachi Power Systems aus Duisburg, das ein Kohlekraftwerk im nordgriechischen Ptolemaida errichtet, und der Hochtief-Konzern, der sowohl den Athener Flughafen als auch Autobahnen in Griechenland gebaut hat.
Mit dabei sind ebenfalls die staatliche KfW-Bank, die für den griechischen Wachstumsfonds 100 Millionen Euro zur Verfügung gestellt hat und die Bankengruppe ProCredit, die in Nordgriechenland Filialen eröffnete. Vertreten sind außerdem der Flughafenbetreiber Fraport, der in Griechenland 14 Regionalflughäfen betreiben wird, der Reisekonzern TUI, der Bundesverband der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW) sowie die Chemie- und Pharmaunternehmen Bayer, BASF und Boehringer Ingelheim.
Privatisierung nicht verschlafen
Nach Angaben der Deutsch-Griechischen Industrie- und Handelskammer in Athen beschäftigen die rund 120 größeren deutschen Unternehmen in Griechenland 39.000 Menschen und setzen im Jahr sieben Milliarden Euro um. Gabriel möchte diesen Unternehmen Rückendeckung geben und sie in ihrem Engagement in Griechenland bestärken, heißt es im Berliner Wirtschaftsministerium. Zudem möchte man bei den anstehenden Privatisierungen das Feld nicht anderen Ländern überlassen - sprich China, Russland und Südkorea.
Wegen der geografischen und klimatischen Bedingungen sei Griechenland besonders für Betriebe aus dem regenerativen Energiebereich interessant. Deshalb begleiten den Minister viele Firmen aus dieser Branche wie Emerson, Nordex, SolarWorld. Sigmar Gabriel und der griechische Energieminister Panos Skourletis wollen am Freitag nach einer Energiekonferenz eine Absichtserklärung zur Zusammenarbeit unterschreiben. Damit soll die bestehende Kooperation zur Gewinnung von Strom aus erneubaren Energien um ein weiteres Jahr verlängert werden.
Finanziert wurde sie mit EU-Geldern und deutscher Kofinanzierung. Jetzt möchte man die Zusammenarbeit an einem Pilotprojekt in der Ägäis weiterführen. Von den 53 griechischen Inseln mit über 1000 Einwohnern sind nur 21 an das landesweite Stromnetz angeschlossen. Auf 32 dagegen werden Dieselkraftwerke betrieben. Die will die Syriza-Regierung schließen. Für die Neuausrichtung auf erneuerbare Energie sollen nun griechische und deutsche Unternehmen gewonnen werden.
Zusammenarbeit in der Exportförderung
Außerdem wird es bei dem Besuch Gabriels darum gehen, die Exportförderstrukturen des Landes auf den neusten Stand zu bringen. Im Rahmen der Task-Force der EU waren die Niederlande für Griechenland in diesem Bereich zuständig. Nun hat der griechische Wirtschaftsminister Giorgos Stathakis das deutsche Wirtschaftsministerium um Zusammenarbeit gebeten. Er und sein deutscher Kollege Sigmar Gabriel planen eine entsprechende Absichtserklärung zu unterschreiben. Das sei auch ganz nach dem Geschmack des deutschen Wirtschaftsministers, heißt es in Berlin. Seine Botschaft laute: In Griechenland soll es wieder aufwärts gehen und Deutschland wird sich nicht verweigern, wenn Unterstützung verlangt wird.
Die Bedingungen dafür, dass dieses Signal ankommt, sind nicht schlecht. Anders als im ersten Jahr der Syriza-Regierung, wo als einziger Kommunikationskanal auf Regierungsebene nur der zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Ministerpräsident Alexis Tsipras funktionierte, ist jetzt der Dialog mit fast allen Ministerien möglich. Dazu hat sicherlich auch die Neuorientierung von Tsipras auf realpolitische Ansätze beigetragen. Seine Teilnahme als Gast an sozialdemokratischen Spitzentreffen unterstreicht diese Entwicklung.
Es ist kein Geheimnis, dass Gabriel, aber auch der französische Präsident François Hollande und der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi, eine sich immer mehr wandelnde Syriza gerne in ihren Reihen sehen würden. In Gesprächen mit den Führungen der arg geschrumpften sozialdemokratischen Partei PASOK und der ebenfalls sozialdemokratischen Potami möchte der SPD-Chef für die Einheit der Mitte-Links-Spektrums in Griechenland werben.