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Gabriel: Bis zu eine Million Flüchtlinge

14. September 2015

Deutschland muss sich möglicherweise auf mehr Flüchtlinge einstellen als bisher erwartet. Vizekanzler Gabriel rechnet mit bis zu einer Million Flüchtlingen. Er äußerte sich auch über die Dauer der Grenzkontrollen.

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Grenze Österreich Deutschland Grenzkontrolle Polizei
Bild: Reuters/Dominic Ebenbichler

In einem Brief an die SPD-Mitglieder, der im Internet veröffentlicht wurde, sagte Gabriel, dass die offizielle Prognose deutlich übertroffen werden könnte. "Vieles deutet darauf hin, dass wir in diesem Jahr nicht 800.000 Flüchtende aufnehmen, wie es das Bundesinnenministerium prognostiziert hat, sondern eine Million", heißt es in dem Schreiben des SPD-Parteichefs.

Sigmar Gabriel auf dem Parteitag SPD-Bezirk Hannover
SPD-Chef und Vizekanzler Sigmar GabrielBild: picture-alliance/dpa/N. Treblin

Grenzkontrollen gerechtfertigt

Gabriel verteidigte die Entscheidung, vorübergehend wieder die Grenzen, besonders nach Österreich, zu kontrollieren. Es gehe nicht um eine dauerhafte Schließung der Grenzen oder eine Aussetzung des Grundrechts auf Asyl: "Jeder, der auf deutschem Boden Asyl beantragt, darf bis zur Entscheidung über seinen Antrag bei uns bleiben. Davon weichen wir nicht ab", unterstrich Gabriel.

Es gehe darum, in einer "unvorhersehbaren Ausnahmesituation" die Kontrolle über die Grenzen zu erhalten und zu einem geordneten Verfahren zurückzukehren. Das sei ein deutliches Signal an die europäischen Partner, dass Deutschland nicht im Alleingang alle Flüchtlinge aufnehmen könne. Deutschland sei stark. "Dennoch haben wir in den letzten Tagen erleben müssen, dass auch beim besten Willen unsere Aufnahmefähigkeiten an ihre Grenzen geraten."

Österreich Flüchtlinge am Bahnhof Wien
Der Zugverkehr zwischen Deutschland und Österreich wurde wieder aufgenommenBild: Reuters/H.-P. Bader

Züge von und nach Österreich rollen wieder

Seit dem Morgen fahren wieder Fernreisezüge zwischen Österreich und Deutschland. Am Sonntagnachmittag war der Zugverkehr zwischen den beiden Ländern auf Weisung der deutschen Bundesbehörden unterbrochen worden. Bundesinnenminister Thomas de Maizière hatte zuvor jedoch angekündigt, es könne in den kommenden Tagen zu weiteren Einschränkungen im Zugverkehr kommen. "Wir brauchen einfach mehr Zeit und ein gewisses Maß an Ordnung an unseren Grenzen", sagte de Maizière. Wie lange die Kontrollen an der Grenze fortgeführt werden sollen, ließ der CDU-Politiker offen.

Allein in München waren in den vergangenen Wochen mehr als 63.000 Flüchtlinge angekommen. Die Aufnahmekapazitäten der bayerischen Landeshauptstadt sind erschöpft. Zahlreiche Flüchtlinge müssen im Hauptbahnhof übernachten. Auch andere Bundesländer befinden sich wegen des Flüchtlingsandrangs nach eigenen Angaben am Limit.

Deutschland Flüchtlinge in München Polizei
Flüchtlinge auf dem Münchner HauptbahnhofBild: DW/M. Gopalakrishnan

"Vorübergehend wieder Grenzkontrollen"

Die Bundesregierung vollzog deshalb eine dramatische Kurskorrektur: Seit Sonntagnachmittag wird an der Grenze zu Österreich wieder kontrolliert. Nach Informationen der "Bild"-Zeitung schickt der Bund 21 Hundertschaften seiner Bereitschaftspolizei nach Bayern, die bei der Grenzsicherung helfen sollen. Bundesinnenminister de Maizière erklärte: "Ziel dieser Maßnahme ist es, den derzeitigen Zustrom nach Deutschland zu begrenzen und wieder zu einem geordneten Verfahren bei der Einreise zu kommen. Das ist auch aus Sicherheitsgründen dringend erforderlich."

Die Entscheidung sei "in der Koalition einvernehmlich beraten und beschlossen worden". Die Innenminister der Länder hätten zugestimmt. Die Opposition habe er persönlich unterrichtet. Auch die Regierung in Wien sei konsultiert worden, teilte de Maizière mit.

Staus an den Grenzübergängen

Kurz nach der Aufnahme der deutschen Kontrollen an der Grenze zu Österreich bildeten sich in der Region eine Reihe von Staus. Auf der Autobahn A3 vom österreichischen Linz nach Passau in Bayern kam es wegen der Grenzkontrollen in der Nacht zum Montag zu einem acht Kilometer langen Stau, wie der Verkehrsdienst des Bayerischen Rundfunks meldete. Auch auf der A 8 von Salzburg nach München standen die Fahrzeuge beim Grenzübergang Bad Reichenhall.

Mutmaßlicher Schleuser gefasst

Im bayerischen Grenzort Freilassing nahm die Polizei wenige Stunden nach Beginn der Grenzkontrollen einen mutmaßlichen Schleuser fest. Der aus Italien stammende Mann hatte nach Agenturberichten in seinem Van acht syrische Flüchtlinge bei sich. Unter ihnen waren auch Jugendliche, von denen drei im Kofferraum des Wagens saßen. Die Flüchtlinge wurden in Erstaufnahmeeinrichtungen gebracht.

Angesichts der humanitären Notlage in Ungarn festsitzender, meist aus Syrien stammender Flüchtlinge hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel Anfang September entschieden, den Asylsuchenden die Einreise nach Deutschland zu gestatten.

mak/cw (dpa, afp, rtr,epd)

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