1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Gaddafis Tod wird untersucht

24. Oktober 2011

Der libysche Übergangsrat hat eine Untersuchung der Tötung von Gaddafi angekündigt. Seine Leiche wird zudem nicht mehr zur Schau gestellt. Menschenrechtler vermuten, dass Dutzende seiner Anhänger massakriert wurden.

https://p.dw.com/p/12xt4
Ein verbranntes Gaddafi-Bild (Foto: dapd)
Wie ist Gaddafi gestorben?Bild: dapd

Der Vorsitzende des libyschen Übergangsrates, Mustafa Abdul Dschalil, hat am Montag (24.10.2011) angekündigt, die Umstände des Todes von Ex-Diktator Muammar al-Gaddafi prüfen zu lassen. "Alle Libyer brannten darauf, Gaddafi wegen seiner Verbrechen vor Gericht zu sehen", sagte Dschalil in Bengasi. Es werde eine Untersuchungskommission eingerichtet. Damit reagierte er auf internationale Forderungen nach einer Untersuchung.

Gezielt erschossen?

Der Chef des Übergangsrats Abdul Dschalil (Foto: dapd)
Chef des Übergangsrats Dschalil: Kommission soll Gaddafis Tod untersuchenBild: dapd

Gaddafi war am vergangenen Donnerstag in seiner Geburtsstadt Sirte getötet worden. Seitens des Übergangsrates hieß es, dass der langjährige Machthaber während eines Gefechtes gestorben sei. Inzwischen wird aber vermutet, dass ihn Kämpfer des Übergangsrates nach seiner Gefangennahme gezielt erschossen hätten. Bestätigt sind diese Zweifel an der offiziellen Version allerdings nicht.

Gaddafis Leichnam befand sich am Montag weiterhin in der Stadt Misrata, wo die Milizionäre ihn hingebracht hatten. Die Tore des Kühlhauses standen tagelang für Schaulustige offen - damit sei Schluss, kündigte der Übergangsrat an.

Menschenrechtler vermuten Massaker

In Sirte fanden Menschenrechtler unterdessen in der Nähe eines leerstehenden Hotels ein Massengrab mit 53 Leichen. Dabei handele es sich wahrscheinlich um ehemalige Gaddafi-Anhänger, erklärte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch in New York. Die Organisation vermutet, dass zumindest einige von ihnen gezielt von Milizen des Übergangsrates getötet worden seien.

Auf eine Massenhinrichtung deuteten Blutspuren, Einschüsse im Gras und die Verteilung der Geschosshülsen hin. Zudem hatten einige der Toten die Hände hinter dem Rücken gebunden. Human Rights Watch forderte den Übergangsrat dazu auf, "eine unverzügliche und transparente Untersuchung der offensichtlichen Massenhinrichtung einzuleiten und die Verantwortlichen vor Gericht zu stellen".

Scharia als Grundlage der Rechtsordnung?

Siegesfeier in Bengasi, Victory Zeichen (Foto: dapd)
Die Beratungen über die künftige Rechtsordnung Libyens laufenBild: dapd

Am Sonntag hatte der Übergangsrat Libyen nach 42 Jahren Gaddafi-Herrschaft offiziell für "befreit" erklärt. Wie die Zukunft Libyens aussieht, beschäftigt Libyen momentan genauso wie die internationale Staatengemeinschaft. Dschalil kündigte am Montag an, "binnen zwei Wochen" eine Übergangsregierung einzusetzen. Zudem rief er dazu auf, Menschenrechte und Rechtstaatlichkeit einzuhalten. Die neuen Machthaber wollen sich außerdem an der islamischen Rechtsprechung Scharia orientieren. Dschalil erklärte, das islamische Recht werde "als Hauptquelle der Gesetzgebung genommen". Es solle zudem auch ein islamisches Bankensystem eingeführt werden.

Dies löste auf internationaler Ebene Bedenken aus, dass das Land zum radikalen Islam überläuft. Die libysche Führung sieht sich deshalb veranlasst, mögliche Ängste der Staatengemeinschaft zu beseitigen. Dschalil beteuerte am Montag, dass Libyer moderate Muslime seien.

Die NATO betrachtet ihre Mission in Libyen als erfüllt. Das Land werde nun vom Übergangsrat kontrolliert. "Die Gefahr organisierter Angriffe von Resten des Gaddafi-Regimes ist vorbei", erklärte der Kommandeur des Einsatzes, der kanadische General Charles Bouchard, am Montag in seinem Hauptquartier in Neapel. Die NATO werde in den kommenden Tagen entscheiden, wann sie ihren Einsatz beende, sagte Bündnis-Sprecherin Oana Lungescu. Bereits am Freitag hatte der NATO-Rat vorläufig beschlossen, den Einsatz zum 31. Oktober zu beenden.

Autorin: Naima El Moussaoui (dpa, afp, rtr)

Redaktion: Dirk Eckert