Gambia wählt neues Parlament
5. April 2017In Gambias größter Stadt Serekunda ist es selten leise. Hochzeiten, Geburten, traditionelle Feiern: es vergeht kein Tag, an dem nicht aus einem der vielen Lautsprecher laute Musik dröhnt. In diesen Tagen wirkt es so, als hätte sie jemand noch einmal aufgedreht. Am Donnerstag wählt Gambia ein neues Parlament. Jeden Abend finden Kundgebungen der verschiedenen Parteien statt.
Das politische Klima im Land hat sich verändert. Im Dezember 2016 hatte Langzeitherrscher Yahya Jammeh die Präsidentschaftswahlen gegen Oppositionskandidat Adama Barrow verloren. Jammeh weigerte sich, das Wahlergebnis anzuerkennen und blieb an der Macht. Erst nachdem die Nachbarstaaten mit einer Militärintervention gedroht hatten, gab er Mitte Januar schließlich auf.
Freude über die Wahlen nach 22 Jahren Diktatur
Nach Jahren Diktatur und Unterdrückung sind viele Gambier froh, ohne Angst wählen zu können. "Ich werde für die UDP stimmen, denn sie haben sich gegen Jammeh aufgelehnt. Sie sind auf die Straße gegangen und haben gegen ihn protestiert", sagt Yankuba Kinteh, während er das das Treiben auf den Straßen beobachtet. Die UDP war Gambias größe Oppositionspartei. Präsident Barrow war früher Mitglied.
"Ich freue mich. Morgen können wir unsere neuen Abgeordneten wählen", sagt Pa Keita. Er betreibt einen kleinen Handel mit gebrauchten Automotoren in Serekunda. "Präsident Jammeh war ein Diktatur. Nun brauchen wir dringend neue Abgeordnete, um die Gesetzte zu ändern, die nicht gut sind."
239 Kandidaten aus neun Parteien treten bei den Wahlen an. Hinzu kommen 42 unabhängige Kandidaten. Die drei größten Parteien sind die APRC, die älteste und größte Oppositionspartei United Democratic Party (UDP), und die Gambia Democratic Congress (GDC). In 53 Wahlkreisen wird gewählt.
Immer noch Unterstützung für Jammeh
Außerhalb der großen Städte werden viele Gegenden jeweils von einer bestimmten Partei dominiert. In der Provinz Foni, im Süden des Landes, hängen grüne Banner vor den Häusern. Männer und Frauen tragen grüne T-Shirts und Mützen. Grün ist die Farbe der APRC von Ex-Diktatur Jammeh. Foni ist seine Heimatprovinz. Viele Menschen hier profitierten von seiner Amtszeit. In seinem Heimatdorf Kanilai waren Strom und Wasser gratis und immer verfügbar – das gibt es sonst selten in Gambia. Nun müssen sie dafür wieder zahlen. Trotzdem ist die Unterstützung für die APRC in vielen Dörfern in der Region weiterhin hoch.
In der Vergangenheit nutzte die APRC ihren Einfluss auf lokale Autoritäten, um Einfluss auf die Stimmabgabe zu haben. Die Opposition wurde weitgehend unterdrückt, deswegen boykottierten sieben der damals acht Parteien die letzten Parlamentswahl 2012. Ohne diese Möglichkeit wird es schwierig für die APRC außerhalb ihrer traditionellen Hochburgen Stimmen zu holen.
Europäische Union beobachtet die Wahl
Zum ersten Mal hat die gambische Regierung Wahlbeobachter aus der EU eingeladen. Sie beobachten auch den Wahlkampf. "Bis jetzt ist der Wahlkampf friedlich gewesen und die Kundgebungen sind geordnet abgelaufen", sagt Thomas Boserup, stellvertretender Leiter der EU-Mission. Eine vollständige Bewertung des Wahlkampfes wolle er erst nach den Wahlen abgeben, sagt er einschränkend.
Viele haben sich nicht eingefunden, um die Rückkehr Adama Barrows von seiner Wahltour aus den Provinzen nach Serekunda vergangenen Sonntag zu feiern. Eine kleine Gruppe von Anhängern trommelt und singt lautstark zu seiner Begrüßung. Auch wenn einige Zuschauer leise beklagen, dass er seine Energie in die Regierung stecken sollte, anstatt eine Wahlkampftour abzuhalten - wählen wird jeder. Viele Wahlbeobachter rechnen mit der höchsten Wahlbeteiligung seit langem. Denn zum ersten Mal seit Jahrzehnten haben die Menschen in Gambia das Gefühl, mit ihrer Stimme wirklich etwas bewirken zu können.