Ganvié in Benin: Afrikas Venedig
Seit Jahrhunderten leben die Menschen in Ganvié auf und mit dem Wasser. Das pittoreske Pfahlbaudorf auf dem Nokoué-See zieht Touristen aus aller Welt an, steht aber auch vor Herausforderungen.
Feuchte Fahrt
Kanu statt Auto: Eine Frau stakt ihr Boot durch die flachen Gewässer des Nokoué-Sees in Benin. Hier im Norden des Sees liegt Ganvié: Das Pfahlbautendorf ist mit rund 20.000 Einwohnerinnen und Einwohnern das vermutlich größte auf einem See errichtete Dorf des Kontinents. Festes Land gibt es so gut wie keines; deshalb wird Ganvié auch als "Venedig Afrikas" bezeichnet.
Pittoreske Pirogen
Ohne Boot geht gar nichts: Alles in Granvié spielt sich im oder auf dem Wasser ab. Vor jedem Haus sind mehrere Kanus vertäut, und selbst der tägliche Markt findet auf Booten statt. Die Einwohnerinnen und Einwohner nutzen vor allem Einbäume und Pirogen, inzwischen sind aber auch motorisierte Boote auf den Wasserstraßen unterwegs.
Selbstversorgung aus dem See
Schon was ins Netz gegangen? Ein Fischer kontrolliert eine Reuse im Nokoue-See. Aus naheliegenden Gründen leben die Bewohnerinnen und Bewohner Ganviés in erster Linie vom Fischfang: Die Tiere werden geangelt, in Reusen oder mit Schleppnetzen gefangen. Sie dienen nicht nur zur Selbstversorgung, sondern sind auch die wichtigste Einnahmequelle des Dorfes.
Bunte Bambus-Bauten
Die Einwohnerinnen und Einwohner von Ganvié leben überwiegend in Häusern aus Bambus, die auf Stelzen aus dem See ragen und häufig in leuchtenden Farben gestrichen sind. Wird besseres Holz verwendet, kann ein Pfahlbau immerhin etwa zehn Jahre halten, bevor das Holz modrig wird. Sogar das Krankenhaus und die örtliche Moschee sind auf Pfählen im Wasser errichtet.
Wasser-Wirtschaft
Direkt um die Pfahlbauten herum haben die Einwohner Ganviés Fischgehege angelegt; dieser Mann überprüft gerade, ob keine Löcher im Netz sind. Die Dorfbewohner haben nachhaltige Fischereipraktiken entwickelt, um das Ökosystem des Sees im Gleichgewicht zu halten: So ist nicht nur nur Fischfang, sondern auch die Fischzucht seit Jahrhunderten der Eckpfeiler der Wirtschaft von Ganviés.
Tradition und Tourismus
Inzwischen spielt allerdings auch der Tourismus eine immer größere Rolle in der Ökonomie des schwimmenden Dorfes: Nach offiziellen Angaben besuchen rund 10.000 Besucherinnen und Besucher pro Jahr Ganvié. Seit 1996 steht der Ort außerdem auf der Vorschlagsliste für die Aufnahme ins UNESCO-Weltkulturerbe.
Wuselige Wasserwege
Viel Verkehr: Zu Stoßzeiten kann es auf den "Straßen" Ganviés schon mal eng werden. Nicht nur die Wege im Ort werden auf dem Wasser zurückgelegt, Ganvié ist auch vom Festland aus nur per Boot zu erreichen. Dafür gibt es einen guten, wenn auch schon lange zurückliegenden Grund: Vor über 300 Jahren gründete das Volk der Tofinu den Ort im See, um sich vor Kriegern der verfeindeten Fon zu schützen.
"Wir haben überlebt"
Die kriegerischen Fon fingen im 16. und 17. Jahrhundert Angehörige der Tofinu, um sie an europäische Sklavenhändler zu verkaufen. Doch sie scheuten den Nokoué-See, weil sie glaubten, dass unter der Wasseroberfläche ein Dämon lebe. So suchten die Tofinu dort Sicherheit, und der Trick funktionierte: Ganvié heißt in der deutschen Übersetzung "Wir haben überlebt".
Wachsende Probleme
Doch auch heute gibt es Gefahren: Die Bewohnerinnen und Bewohner Ganviés - die nach wie vor überwiegend Angehörige der Tofinu sind - sind von den Auswirkungen des Klimawandels bedroht, der immer wieder Überschwemmungen verursacht. Außerdem wächst die Bevölkerung des Wasserdorfes, das jedoch über keine Kanalisation verfügt, so dass dass Abwasser ungefiltert in den See fließt.
Schulboot statt Schulbus
Fester Untergrund ist Mangelware in Ganvié: Ursprünglich entstand das Dorf zwar auf einer Insel, die heute jedoch als Friedhof genutzt wird. Diese Schule ist eines der wenigen aus Stein gebauten Gebäude des Dorfes. Sie liegt auf einem kleinen verlandeten Gebiet, das die Einwohner mit Erde aufgeschüttet haben. Den Schulweg müssen die Kinder aber selbstverständlich per Boot bewältigen.
Kanu? Kinderspiel!
Früh übt sich: Die Einwohnerinnen und Einwohner Ganviés werden als "Wassermenschen" bezeichnet - und selbst Fünfjährige steuern schon ihre eigenen Kanus über die Kanäle des Ortes. Schwimmen kann hier natürlich jedes Kind.