Signale aus Korea
Die Haftstrafe gegen den Erben des südkoreanischen Konzerns Samsung erregt großes Aufsehen. Das lässt tief blicken, denn eigentlich ist es doch selbstverständlich, dass in einem Rechtsstaat niemand juristisch unangreifbar ist. Das Verhältnis großer Unternehmen zur politischen Macht ist aber in Südkorea über Jahrzehnte ein sehr spezielles gewesen. Und der weitverzweigte Samsung-Konzern ist das größte dieser Unternehmen.
Enge Verbindungen von Politik und Wirtschaft gibt es auch anderswo. Dass solche Konstellationen - zurückhaltend ausgedrückt - korruptionsanfällig sind, ist ebenfalls bekannt. Aber Südkorea hat auch in dieser Hinsicht eine ganz eigene Geschichte. Der schnelle wirtschaftliche Aufstieg des Landes aus den Trümmern eines verheerenden Krieges wäre ohne die Großunternehmen in dieser Form nicht möglich gewesen. Dieser Aufstieg vollzog sich noch dazu in einem potenziell instabilen politischen Umfeld. Anfangs musste der Süden im Wettbewerb mit dem kommunistischen Norden einen Rückstand aufholen. Später sah man sich dann mit militärischen Drohungen der Landsleute jenseits der demilitarisierten Zone konfrontiert. Unter diesen Umständen galt Zusammenhalt als Ausdruck eines natürlichen Patriotismus. Kritik an den Verhältnissen wurde mit Hinweis auf den Norden gerne beiseite gewischt. Linke Politiker standen überdies immer vor dem Problem, gemäß dem Nationalen Sicherheitsgesetz verfolgt zu werden, das bei strikter Anwendung schon einen positiven Gedanken an Nordkorea unter Strafe stellte.
Korruptionsverfahren hat es auch in der Vergangenheit immer wieder gegeben. Nicht einmal der wohlwollendste Staatsanwalt konnte alles übersehen, was da unter Kameraden ausgekungelt worden war. Wirklich ernste Konsequenzen hatte das alles aber nicht.
Jetzt hat Südkorea den Wandel gewählt. Zumindest hofft die Mehrheit der Wähler, dass Präsident Moon Jae-in den Wandel verkörpert. Den Willen dazu kann man ihm nicht absprechen. Gerichtsverfahren wie das gegen den Samsung-Erben sind positive Signale. Es wäre aber tragisch, wenn es dem Provokateur in Nordkorea gelänge, durch Schüren der Krise um sein Atomwaffenprogramm diese hoffnungsvollen Ansätze im Süden zu sabotieren. Wenn Moon sich durch äußere Umstände zu einem "Burgfrieden" gezwungen sähe, wären die Kräfte der Vergangenheit dazu sicher bereit. Aber alles hat seinen Preis.
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