"Gbagbo soll gehen"
7. Januar 2011DW-WORLD.DE: Herr Förster, 150 Intellektuelle appellieren in der Petition an Gbagbo, das Wahlergebnis zu akzeptieren. Das sind überwiegend afrikanische Intellektuelle. Warum haben Sie da mitgemacht?
TILL FÖRSTER: Dafür gibt es mehrere Gründe. Der eine ist, dass ich diesem Land seit 1978 verbunden bin und es in allen seinen Teilen gut kenne. Und der andere Grund ist, dass ich hoffe, dazu beitragen zu können, weiteres Blutvergießen in diesem Land zu vermeiden. Denn wenn nichts geschieht, besteht die Gefahr, dass das Ganze zu einem Bürgerkrieg ausartet, mit mehreren Toten und Verletzten.
Wer hat denn die Initiative ergriffen?
Die Initiative hat Yakouba Konaté ergriffen. Er ist Sozial- und Kunstwissenschaftler, der in der Côte d'Ivore lebt und von dort aus in verschiedenen Teilen Afrikas aber auch in Europa gearbeitet hat. Er hat zur politischen Entwicklung des Landes seit Anfang der 1990er Jahre verschiedentlich in der Öffentlichkeit Stellung genommen.
Und wie lief das mit der Petition konkret ab?
Ich habe eine Email von Konaté bekommen, mit der Bitte, die Unterschrift ebenfalls per Email mit Angabe der vollen Adresse und beruflichen Position des Unterzeichnenden einzureichen.
Nun ist der Aufruf bei der Zeitung Le Nouveau Réveil erschienen, eine Zeitung, die dem international anerkannten Präsidenten Alassane Ouattara nahesteht. Wissen Sie, ob man die Zeitung im Moment auch ohne Probleme im Süden des Landes - der Hochburg von Gbagbo - kaufen kann?
Sie ist an einigen Stellen zu bekommen, aber die Versorgung mit Medien im Süden des Landes ist stark eingeschränkt. Sie war teilweise ganz unterbrochen, inzwischen geht es wieder. Das ist eine Situation, die sich von Tag zu Tag ändern kann. Aber eines ist sicher: Im südlichen Teil des Landes wird ein starker Druck auf die Medien ausgeübt, zu Gunsten des bisherigen Präsidenten Laurent Gbagbo Stellung zu beziehen. Und die öffentlichen Medien selber, also vor allem das RTI, das Radio Télevision Ivoirienne, tun das auch. Sie sind in dem Sinne nicht neutral.
Welche Reaktionen gab es bisher auf den Aufruf?
Ich habe von verschiedenen Quellen gehört, dass es sehr viele Unterzeichnende gegeben hat, sowohl aus anderen Teilen Afrikas, als auch aus westlichen Ländern. Der Grund warum dem so weitgehend gefolgt worden ist, ist meiner Meinung nach, dass sich sehr viele der Unterzeichnenden bewusst sind, dass es kaum einen anderen Ausweg aus dieser Krise geben kann. Eine Wahl, wie sie hier stattgefunden hat, kann nicht mehr zu dem Powersharing-Agreement führen, wie man das zum Beispiel in Simbabwe oder Kenia gesehen hat. Der Grund liegt einfach darin, dass die Ergebnisse der Wahlen aus den einzelnen Wahllokalen nicht nur an die unabhängige Wahlkommission, sondern auch gleichzeitig außerhalb des Landes an UNO-Behörden übermittelt worden sind. Der Unterschied zwischen vorherigen Wahlen und diesen ist, dass es um die Ergebnisse aus einzelnen Teilen des Landes keinen Streit gibt. Es ist relativ klar und eindeutig, das Alassane Ouattara diese Wahlen gewonnen hat. Das wird auch dazu führen, dass sogar Länder wie Russland und China, die anfangs gezögert haben, Alassane Ouattara zu unterstützen, inzwischen sämtlich auch seine Position für kredibel und für den einzig möglichen Ausweg aus der Krise halten.
Welche Reaktionen gab es seit Veröffentlichung der Petition aus der Elfenbeinküste?
Aus der Elfenbeinküste habe ich im Moment nur eine Reaktion von Yakouba Konaté selber, der sich für die Unterstützung außerhalb des Landes bedankt hat. Gleichzeitig hat er aber hinzugefügt, dass das alleine natürlich nicht ausreicht. Er hat seine Email, die an mich persönlich gerichtet war, mit den Worten geschlossen "…que Dieu nous aide". Also, dass Gott uns helfen möge, diese für alle schwierige und belastende Situation zu überwinden. Ob so eine Petition ausreicht oder nicht, das ist eine andere Frage. Man darf sich da nicht zu vielen Illusionen hingeben. Die eigentliche Lösung kann, wenn Blutvergießen vermieden werden soll, nur in der Einsicht bestehen, dass es hier demokratisch weitergeht und dass dies auch anzuerkennen ist.
Das Gespräch führte Christine Harjes
Redaktion: Katrin Ogunsade