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Gedenken und Beten in Auschwitz

28. Mai 2006

Zum Abschluss seiner viertägigen Polenreise hat Papst Benedikt XVI. das frühere Nazi-Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau besucht. Dort traf er mit Überlebenden des Holocaust zusammen und betete für die NS-Opfer.

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Benedikt XVI. in AuschwitzBild: AP
Papst Benedikt XVI in Ausschwitz
Der Papst vor der so genannten TodesmauerBild: AP

Das ganz in Weiß gekleidete Oberhaupt der Katholiken schritt allein durch das Eingangstor zum Stammlager mit der zynischen Aufschrift "Arbeit macht frei". Außer einem Begrüßungswort für den örtlichen Bischof verharrte er bei dem Rundgang in Schweigen, und seine Begleiter hielten sich im Hintergrund. In stillem Gebet verharrte er an der so genannten Todesmauer. Vor der Mauer, an der die SS ihre Erschießungen vornahm, stellte Benedikt XVI. eine Kerze mit seinem Pontifikatswappen auf.

Papst Benedikt XVI in Ausschwitz
Bewegende Begegnung: Der Papst und 32 Überlebende des KonzentrationslagersBild: AP

Im Anschluss traf er mit 32 Überlebenden des Konzentrationslagers zusammen. Sichtlich bewegt drückte Benedikt XVI. jedem der 32 Überlebenden der Konzentrationslager, die zum Teil ihre Häftlingsuniform trugen, die Hand. Er wechselte einige Worte mit ihnen und küsste einen alten Mann auf die Wange: den 84-jährigen Henryk Mandelbaum. Der polnische Jude mit der Häftlingsnummer 181.970 war von Frühjahr 1944 bis Januar 1945 in einem Sonderkommando an den Krematorien für die Verbrennung der Leichen eingeteilt.

"Ein Schweigen, das ein Schreien ist"

Danach besuchte der Papst die Todeszelle von Pater Maximilian Kolbe (1894-1941), wo er ein Totengebet sprach. Der polnische Ordensmann hatte sich freiwillig für einen Mithäftling geopfert und ging für diesen in den Tod. Kolbe wurde von Papst Paul VI. selig und 1982 von Papst Johannes Paul II. heilig gesprochen.

Schließlich fuhr Benedikt zum Gedenken an die Toten nach Auschwitz-Birkenau - das Lager, in dessen Gaskammern unzählige Menschen, überwiegend Juden, getötet wurden. Nach einem kurzen, auf Deutsch gesprochenen Gebet hielt der Papst eine Ansprache auf Italienisch, in der er an die Unfassbarkeit des Verbrechens erinnerte:

"An diesem Ort des Grauens, einer Anhäufung von Verbrechen gegen Gott und den Menschen ohne Parallele in der Geschichte, zu sprechen, ist fast unmöglich - ist besonders schwer und bedrückend für einen Christen, einen Papst, der aus Deutschland kommt. An diesem Ort versagen die Worte, kann eigentlich nur erschüttertes Schweigen stehen - Schweigen, das ein inwendiges Schreien zu Gott ist: Warum hast du geschwiegen?"

Größtes Verbrechen der Menschheit

Auschwitz gilt als die größte Mordmaschine, die je verwirklicht wurde. Das unweit von Krakau gelegene Vernichtungslager wurde am 27. Januar 1945 von sowjetischen Truppen befreit. Von 1940 bis 1945 sind Schätzungen zufolge 1,1 bis 1,5 Millionen Menschen in den Gaskammern ermordet oder erschossen worden. Den Holocaust bewerten viele Historiker als das größte Verbrechen der Menschheit.

Der Besuch in Auschwitz bildete den Abschluss der Polen-Reise, die Benedikt ganz seinem Vorgänger Johannes Paul II. gewidmet hat. In den vorangegangenen Tagen hatte der ehemalige Kardinal Joseph Ratzinger alle Stätten besucht, die für das Wirken des polnischen Papstes in seinem Heimatland prägend waren. Große Begeisterung löste er dabei mit der Zusage aus, sich im Gebet besonders für die Heiligsprechung seines Vorgängers einzusetzen. (wga)